nsu-prozess zum polizistenmord: was nicht passt, wird ausgeblendet

seit einigen tagen – die zeitverschwendung dem vater von uwe böhnhardt einen ganzen prozesstag einzuräumen mal außen vor – ging es in münchen primär um die aufklärung des polizistenmords. scheinbar! denn in wahrheit leisten sich bundesanwaltschaft und richterschaft hierzu – nach der generellen farce nur fünf menschen für den nsu-komplex auf die anklagebank zu setzen – die bisher wohl größte peinlichkeit. zahllose interessante zeugen zu heilbronn werden gar nicht erst geladen; phantombilder – wie sie auch der schwerverletzte kollege der ermordeten polizisten kiesewetter erstellte – nicht einmal erwähnt; gravierende widersprüche nicht hinterfragt. und dann darf auch noch ein beamter des bundeskriminalamts auflaufen und über stunden de facto lügen sowie aberwitzigkeiten verbreiten. damit all das “draußen” kaum jemanden auffallen kann, schicken sich zahllose mainstream-medien immer dreister an, so zu tun, als ob das oberlandesgericht alles sukzessive ans licht bringt.

unter den phantombildern von heilbronn findet sich auch eine frau zu der sich im netz unter anderem ein gewisser alexander gronbach durchaus spannende gedanken macht und dabei zu plausiblen querverbindungen zur npd führt – foto: internetfund u.a. bei “kontext” / copyright sollte u.e. bei dem zeugen liegen, der das wie der schwerverletzte martin arnold aus sicht deutscher behörden offenkundig als beschäftigungstheraphie in auftrag geben durfte, denn ermittelt im sinne einer veröffentlichung wurde mit diesen und anderen zeichnungen offiziell nicht.

besonders tragikomisch allein schon die überschrift eines textchens bei zeit-online (“Von Tom Sundermann 22. Januar 2014 um 06:29 Uhr”) das ”Die Aufklärung des Polizistenmords kommt voran” betitelt war, jedoch nur eine tagesvorschau der erwarteten zeugen durchhechtete. aber in zeiten von twitter, u-bahn-schlagzeilen und sosntigem oberflächlichen häpchen”journalismus” manifestieren sich solche nach resümee klingenden headlines in köpfen zumindest derer, die das, was darunter steht, dann teils nurmehr querlesen. wenn überhaupt. und so ist auch beispielsweise das, was zur zeugeneinvernahme von martin arnold (des überlebenden polizisten von heilbronn) nicht nur beim BR (dort gar als titel) als zentrale botschaft in die welt ging - ”Ein schwarzes Loch” als negierung jedweden erinnerungsvermögens - perfide. denn: der mann, der nach den schüssen auf der theresienwiese am 25. april 2007 wochenlang im koma lag, hat das zwar tatsächlich in münchen wörtlich so formuliert, aber man darf in diesem kontext eben nicht verschweigen, dass bei dem polizisten wochen nach den ereignissen mittels hypnose erinnerungen geweckt werden konnten, in deren folge nach seinen angaben sogar ein phantombild entstand. vermeintlich zeigt es den mann, der auf arnold schoss. und es ist nicht die einzige zeichnung, die nie zur fahndung genutzt wurde seinerzeit. diverse zeugen, die im lauf der jahre teils von bis zu sechs tätern berichteten (darunter auch aussagen zu der hier abgebildeten frau, oder schilderungen von ebenfalls als phantombild gezeichneten männern, die entweder blutantragungen gehabt bzw. sich im neckar die blutverschmierten hände abgewaschen haben sollen; von einem quietschend davon fahrenden auto mit mosbacher kennzeichen oder einer tätowierung – kreuz auf hügel – sprachen), müssen sich inzwischen nurmehr verarscht vorkommen. sie werden vom gericht gar nicht erst geladen. alles was von der zwei-täter-these vor ort abweicht passt bundesanwalt diemer offenkundig nicht in den kram. fragen von journalisten zum thema phantombilder betrachtet er dem vernehmen nach denn gar als unverschämtheit.

zusammenhänge rund um ku-klux-klan und oder wohllebens schwager?

wer übrigens noch immer glaubt, dass die sogenannte “linke” berliner tageszeitung “taz” eine kritische prozesswürdigung bieten könnte – vor SZ, spiegel und konsorten haben wir ja schon mit entsprechenden exempeln ausführlich gewarnt: auch hier müssen wir leider enttäuschen! ”rechtsextremismusexperte” andreas speit* schaffte es unter der überschrift „Mein Kopf ist wie eine Landkarte“ und dem ebenfalls schon ernüchternden artikelvorspann “Der Polizist, der das Attentat von Heilbronn überlebte, sagt im NSU-Prozess aus. An die Tat erinnert er sich kaum. Er leidet aber bis heute an den Folgen.” bedeutungsschwanger erwartungen zu wecken, die dann nicht einmal proforma mit wenigstens halbsatzerwähnungen dem leser stichworte zum selberrecherchieren an die hand zu geben: “Die Bundesanwaltschaft hält Kiesewetter und Martin A. für ’Zufallsopfer’ – die Terroristen hätten sie als Vertreter des ihnen  verhassten Staates angegriffen. Andere bezweifeln diese Auffassung, und suchen nach Zusammenhängen.” stichworte, die wie viele andere auch die taz** hier nicht liefert, könnten zum beispiel sein

- dass es im einsatzgebiet von michèle kiesewetter und arnold polizisten und v-leute gab, die gründer (achim schmid galt dem sächsischen verfassungsschutz wohl zumindest zeitweise als möglicher unterstützer der terrorzelle) bzw. mitglieder des “European White Knights of the Ku Klux Klan – Realm of Germany” waren. sie erscheinen zusätzlich interessant, weil klan-mitglied thomas “corelli” richter auf der adressliste des nsu stand; oder seitens der polizei ein gewisser timo hess als einsatzleiter mehr oder minder direkt dafür verantwortlich war in welchem planquadrat von heilbronn einsatzzug 514 sowie die beweis- und festnahmeeinheit (BFE) 524 der BePo böblingen tätig waren

- über den weg wann und wie öffentlich und vor allem wofür die letztgenannten truppen am tattag besetzt und dann wieder getauscht wurden, wofür arnold erstmals aus böblingen in heilbronn tätig war, wo er es nach eigener aussage letztlich mit einer auch vom zeitpunkt her, aber bereits formal inhaltlich aberwitzig anmutenden besprechung/schulungsrunde und im außendienst nur mit einer frau mit hausvberbot an einem schwimmbad und einem älteren harmlosen junkie im park zu tun hatte.

- wo es doch hinsichtlich der opferauswahl eine zufallstat gewesen sein soll, wieso das trio bzw. ihr unterstützer gerlach (erst) am tag der dienstplanänderung von kiesewetter und arnold den mietvertrag für das in heilbronn genutzte wohnmobil verlängerten; warum sich das gericht damit begnügt, dass zwei zeugen radler in gelber und blauer radlerkleidung sahen, das schwerwiegende blutbespritzte indiz, welches in der frühlingstrasse 2011 auftauchte, indes eine gräuliche jogginghose war. soll sich mundlos kurz vor der tat noch in bequemere klamotten gestürzt haben, und das obwohl die zeugen auch keinen rucksack beschrieben, sich ohnedies die frage stellt, wo die tatwaffe verstaut war, wenn es “nur” die zwei täter und keine direkten unterstützer, wasserträger, abschirmer oder was auch immer in heilbronn gegeben haben soll;

- ganz abgesehen von der im prozess abermals erst durch nebenkläger angerissenen aber vom bundesanwalt weingarten dann wieder weggewischten frage an den sachverständigen rechtsmediziner heinz-dieter wehner aus tübingen, der die jeweiligen schussbahnen rund um fahrer- bzw. beifahrertür des polizei-BMWs in dem kiesewetter starb und arnold so schwerwiegend verletzt wurde, rekonstruiert haben will, aber augenscheinlich ausschließlich anhand von rechtshändern (sic!) mit seinem aufwändigen computerprogramm simulierte und “übersah”, dass – weil einer der beiden offiziellen alleintäter linkshänder war - die schützen (wenn sie halbwegs gleichzeitig schossen, wonach aller logik nach ausgegangen werden muss, mangelnde gegenwehr, fluchtversuch eines der beiden opfer) gefahr liefen, von einer austretenden kugel selber getroffen zu werden

- wieso kiesewetters onkel kurz nach der tat von heilbronn – also bereits 2007 - einen zusammenhang zu den “türkenmorden” (wie er die morde an acht türken und einem griechen nannte) sah, obgleich – auch wenn das etwa zeit online vor wochen perfide zu verwischen suchte – im ländle eben nicht die berühmt-berüchtigte ceska am start war, er es also nicht an der tatwaffe festmachen konnte; spannend ist dieser mann im übrigen u.a. auch aufgrund der querverbindungen seiner inzwischen ex-partnerin in rechte kreise

- was es im ländle mit der von “florian h.” (verstorben auf ungeklärte weise am 16. september 2013) ins spiel gebrachten neoschutzstaffel (NSS) auf sich hat: kurz bevor ihn der baden-württembergische staatsschutz nochmals zu möglichen komplizen des NSU verhören konnte, auch zu jener ominösen organisation, die wiederum außer uns und der jungen welt von bekannteren deutschsprachigen medien nur die südwestpresse zu interessieren scheint? florian heilig, der junge mann – der, obgleich er keinen abschiedsbrief hinterlassen habe, von den deutschen behörden “zweifelsfrei” als selbstmörder identifiziert wurde – soll jene grupperierung als “zweite radikalste gruppe neben dem NSU” tituliert und treffen der beiden banden in öhringen (also unweit von heilbronn, wo die polizistin kiesewetter, eines von offiziell 10 nsu-mordopfern sterben musste) erwähnt haben.

- wieso birgit wolf aus gera, die anwältin von kiesewetters familie, etwa im interview mit dem zdf heute journal so tut, als gebe es speziell im fall heilbronn gar keine unplausibilitäten und sich im gericht über rechtsaußenverdacht rund um die ecke in der kiesewetter groß wurde (oberweißbach im thüringer wald) echauffierte statt sich zu fragen, wie plausibel es ist, dass nicht doch zumindest die tochter ihrer mandantschaft gezielt gemeuchelt wurde. denn: keine zwei kilometer weiter, in lichtenhain residiert die kneipe “Zur Bergbahn” deren wirt david feiler nicht nur der schwager des nsu-helfers und in münchen mitangeklagten wohlleben ist, sondern unbestritten selber der ultrarechten szene angehört(e) und überdies gar mal mit beate zschäpe liiert gewesen sein soll

- was es mit einer videoüberwachungssequenz einer tatortnahen yormas-filiale auf sich hat etc. pp…

kurzum: die liste lässt sich schier endlos fortsetzen. aber wie unsere stammleser wissen sondieren wir die ja ohnedies leider themenmäßig hin- und hergehenden prozesstage zu den einzelnen nsu-komplexen voraussichtlich zum “einjährigen” der olg-verhandlungen für ein übersichtliches und umfangreiches themenspecial. daher möchten wir sie liebe leser auch mit diesem schlaglichtartikel vielmehr “einladen” selber zu diesen und anderen fragen nach spuren in den weiten des www zu forsten und oder selber im idealfall einen prozesstag in münchen zu besuchen, um zu erkennen, wie sie auch von vermeintlich aufklärerischen medienkollegen - um es höflich zu sagen – mangelhaft “informiert” werden. kollegen die sich teilweise in inoffiziellen pressekonferenzen der bundesanwaltschaft gegen kritische nebenklagevertreter aufwiegeln lassen, weil alles was auch nur eine sekunde fragen aufwerfen kann, offenkundig zensiert bzw. auf den sankt-nimmerleins-tag verschoben, in jedem fall aus diesem prozess herausgehalten werden soll.

der hauptermittler des BKA, KOK martin giedke “darf” wiederkommen

für uns ebenfalls erschreckend: dass in der masse der deutschen medien mit keiner silbe erwähnt wurde, dass der richter einen BKA-beamten - der wohl alle zweifel in atemlosem handstreich wegwischen sollte – geduldig dinge schwadronieren ließ, die bereits durch andere zeugen de facto wiederlegt waren. nämlich u.a. dass es polizeiintern keine aufzeichnungen gab bei welchen “rechten” einsätzen kiesewetter – offen oder verdeckt sei einmal dahin gestellt – im einsatz war. wahr ist indes – und es bedurfte einmal mehr beherzten nachfragen seitens der nebenklage, die von staatsanwaltschaft, richter und immer öfter auch von dem mehr als undurchsichtigen zschäpe-verteidiger stahl mundtot gemacht werden wollen, dass dies überhaupt zur sprache kam – dass mehr als ein viertel von 199 einsätzen der ermordeten akribisch erfasst sind und sich darunter eben u.a. nicht gerade wenige einsätze bei neonazidemos finden.

KOK giedke erklärte in seiner vorhergehenden langen, aber fast zu kurzweiligen einvernahme durch den vorsitzenden richter u.a. auch lapidar, dass es glaubhaft sei, dass o.g. wohlleben-schwager feiler nach deren untertauchen keinen kontakt mehr zu böhnhardt, zschäpe und mundlos gehabt habe. für götzl, der ansonsten egnerell nichts von aussagen nach hörensagen hält, natürlich^^ kein grund nachzufragen. das taten wieder jene verfahrensbeteiligten, die in den ersten prozesswochen auch von spiegel, sz und co. allein schon wegen ihrer zahlenmäßigkeit madig gemacht wurden. und so kam heraus, dass der “große” nachermittler giedke nicht mal selber mit dem kneipier gesprochen hat, sondern es ihm für einen schlussvermerk ohnedies reicht, dass jener “zeuge” in akten anderer etwas bekundet und es keine glasklaren gegenteiligen erkenntnisse gibt, die man ihm drei mal unter die nase reibt.

fast wäre sein dreistes urteil “Es gibt keine Ergebnisse, die darauf hindeuten, dass es eine Vorbeziehung in irgendeiner Form zu Mitgliedern des NSU oder dessen Umfeld gab” sozusagen zur prozessualen wahrheit geworden. statt vieles strittige und aberwitzige mit dem zeugen abzuklären beendete der richter recht unvermittelt jenen prozessmittwoch und lud den herrn vom bka für den 30. januar erneut. wir sind gespannt, wie die werten kollegen mit dem komplex heilbronn danach abschließend umgehen.

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* andreas speit unterstrich unlängst bei einer im vorfeld eine “Zwi­schen­bi­lanz zwei Jahre nach der Selbst­ent­tar­nung des NSU – ein hal­bes Jahr nach Pro­zess­be­ginn” versprechenden (aber neben wichtigen aufrufen rassismus auf allen gesellschaftlichen ebenen zu erkennen und zu ächten leider fast nur heiße luft verbreitenden) veranstaltung mit peinlichen desinformationen zum prozess gar explizit und wiederholt, dass es für ihn “viel viel Wichtigeres” gebe, als die staatlichen verstrickungen und ungereimtheiten aufzudecken. nebenher versuchte speit gar andreas “vielleicht war ihm ja wirklich nur das flirten im internet peinlich” temme reinzuwaschen, ohne auf nachfragen unserer redaktion einzugehen, wieso jener verfassungschutzmitarbeiter (der beim mord in kassel 2006 zumindest die leiche gesehen haben muss) noch heute vor gericht lügt.

**  obgleich richter götzl im prozess dies zumindest sumerisch erwähnte (wenngleich aber direkt suggestiv wegwischte: “unter hypnose kam es ja zu angaben, aber das waren letztlich wohl nur rückschlüsse”) erwähnt die taz in besagtem prozesstagbericht das thema hypnose und oder phantombild(er) nicht einmal mit einer silbe, vielmehr textet sie “Martin A. sagte gestern, er habe aus Akten und Presse die Tat rekonstruiert” – “offene frage” an herrn speit: wie anders als gezielte desinformation durch weglassen können wir das werten? und kriegen wir vielleicht noch irgendwann eine antwort zu unseren temme-fragen?

nsu-prozess-fortsetzung: narrenfreiheit für neonazis, richter und mainstreammedien geht weiter

SONY DSCwer letzte woche live im gericht war müsste es eigentlich besser wissen. und da es nur einen einzigen, alles andere als hektisch verlaufenden prozesstag mit insgesamt nur zwei zeugen gab, kann sich auch niemand der kollegen herausreden den überblick verloren oder schwierigkeiten gehabt zu haben, das geschehen auch nur halbwegs repräsentativ darzustellen. doch zahlreiche (selbsternannte) qualitätsmedien und somit auch das sog. nsu-blog der zeit* ließen einmal mehr unerwähnt, dass thematisierungsversuche wichtiger hintergründe wie der unterstützung des trios durch “blood & honour”-strukturen (nicht nur hinsichtlich soli-konzerten aka geldsammeln für den “untergrund”, sondern auch wiederum zur rolle u.a. von thomas starke und jan botho werner einerseits im bereich sprengstoff und waffen und andererseits unter der überschrift “v-leute”) durch die engagierteren der nebenklageanwälte vom vorsitzenden richter abermals förmlich ausgebremst wurden. stattdessen behaupten insb. spiegel, süddeutsche und tagesspiegel nahezu im gleichklang – aber ebenfalls völlig an den tatsachen vorbeigehend -, dass götzl mit dem vermeintlich “nur” ehemaligen neonazi alexander scheidemantel (es ging formal primär um die übergabe einer krankenkassenkarte für zschäpe durch ihn und seine – inzwischen – ehefrau an den mitangeklagten gerlach) sprichwörtlich hart ins gericht ging.

dompteurs-akt & daumenschrauben? von wegen!

dabei hat sich der vorsitzende zum auftakt 2014 wie zuvor u.a. (!) von “mama böhnhardt”, stefan apel (beate zschäpes cousin**), andre kapke, verfassungsschutzmitarbeiter temme und anderen staatsdienern mehrfach ungestraft anlügen und verarschen lassen ohne auch nur mit beugehaft (wegen aussageverweigerung) und oder untersuchungshaft (bei falschaussagen) zu “winken”. bezeichnenderweise kam letzten mittwoch auch (wieder) nichts von der bundesanwaltschaft in dieser hinsicht. dabei hätte sie unserer einschätzung nach gar zwingend strafantrag stellen müsste in solchen fällen. doch obgleich diesmal gar eines der GBA mitglieder – jochen weingarten – drei lügen des männlichen parts des zeugenpärchens quasi wortwörtlich benannte, blieb götzl zwar formal am ball (wenn der typ gar zu einsilbig wurde), aber im gegensatz zum umgang des richters mit “papa mundlos” ende dezember ziemlich ruhig und vor allem regelrecht höflich. er tolerierte sogar, dass sich scheidemantel mehrfachst vor lachen beömmelte und im zeugenstuhl herumfläzte. etwas das uns zwar auch nicht sehr interessiert (da es uns selten um die form aber immer um inhalte geht), aber vielleicht ihre – liebe leser – vorstellkraft erhöhrt, einzuordnen hilft, warum wir nachfolgend abermals u.a. die süddeutsche zeitung kritisieren müssen.

denn diese schwadroniert nicht nur von einem “Dompteurs-Akt, und das gleich am ersten Prozesstag im neuen Jahr” sondern setzt mit der bedeutungsschwangeren überschrift “Richter Götzl bringt Zschäpes Helfer zum Reden” gemeinsam mit dem “nachrichtenmagazin” spiegel dem irrsinn die krone auf: letzterer urteilt “Manfred Götzl hat mittlerweile Routine darin, die Daumenschrauben bei solchen Zeugen langsam, aber spürbar anzuziehen.” tragikomisch sind diese schiefen bilder vor allem aus einem grund. und dabei erinnert der spiegeltext gar explizit daran, warum das publikum in münchen zum auftakt 2014 neben dem typ mit dem skinhead-tattoo auf dem bauch (nachgeladen wegen dem auftritt seiner frau vor wochen obgleich er seinerzeit evtl. bereit gewesen wäre auch gleich vor ort auszusagen, physisch anwesend war er nachweislich, aber evtl. musste er noch gebrieft werden?) überhaupt und frau scheidemantel gar zum zweiten mal erleben musste: “Ihre Unsicherheit und ihr erkennbares Bemühen, nur das auszusagen, was für sie und ihren Mann hoffentlich ungefährlich sein würde, führte dazu, dass Götzl ihr nochmaliges Erscheinen anordnete. Denn sie wollte um keinen Preis sagen, warum sie Holger G. die Karte angeblich ohne Nachfrage nach dem Verwendungszweck gegen ein Entgelt von 300 Euro aushändigte. Keine Erinnerung, keine Gedanken gemacht, kein Interesse gehabt, alles vergessen – das blieb Silvia S.s augenfällig ängstliche Kernaussage.”

warum werden fragen zu blood & honour bezügen vom richter ausgebremst?

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rechtsanwalt hachmeister verteidigt in münchen holger gerlach. er gab wohl auch rechtliche ratschläge an alexander scheidemantel, der sich mit dessen im “zeugenschutz” befindlichen mandanten gerlach mehrfach die letzten 24 monate traf. foto: das ZOB

und was hat daran der 08.01. geändert? nichts! denn selbst das wenige was das gericht formal von diesem zeugen im kontext nsu wissen wollte, blieb auf den milimeter genau so weit im dunkeln wie vor wochen. holger gerlach, der mitangeklagte freund des trios, der in einer vom blatt abgelesenen erklärung vor monaten behauptet hatte, den scheidemantels die krankenkassenkarte förmlich abgequatscht zu haben, hätte ihnen definitiv nicht gesagt für wen er – der als stets ziemlich klamm galt - stolze 300€ investiere und auch darüber hinaus nichts bei ihnen abgefragt. dass die aussage des dubiosen pärchens - das seit dem “auffliegen” des nsu ende 2011 nicht nur weiterhin mit gerlach sondern sogar auch des öfteren mit dessen verteidiger hachmeister in kontakt stand! – im krassen widerspruch zu dem umstand erscheint, dass sich in der abgefackelten wohnung des trios in der zwisckauer frühlingstrasse u.a. auch ein brillenpass auf roßberg (den geburtsnamen der silvia scheidemantel) fand, ficht offenkundig weder richter noch medien an. noch weniger, dass insbesondere alexander scheidemantel (der wessi, der unabhängig von gerlach schon früh in rechten kreisen in den “neuen bundesländern” verkehrte und später dann – durch den neuen kumpel, der seinerseits dauerhaft vom osten nach hannover zog – namentlich auch auf wohlleben, einen weiteren in münchen mitangeklagten traf) typen in seinem freundes- und bekanntenkreis führt(e?), die mehr oder minder offene bezüge zu blood&honour- bzw. combat18-ideen und -strukturen aufweisen, die u.a. auch eine blaupause der nsu-taten lieferten.

selbst combat18-fans im direkten umfeld des zeugen und des angeklagten gerlach werden vom richter ausgeblendet

nicht zuletzt wenn man sich das thema nagelbomben eingehend anschaut. aber sz und spiegel – die neben zeit, ard und dpa von den deutschsprachigen medien eigentlich die regelmäßigsten prozessbesucher sind, unserer beobachtung nach war von den beiden häusern jeden tag mind. ein autor, eine autorin vor ort – spulen lieber ab, wie dem zeugen durch den richter “abgerungen” wurde (formal als retrospektive, denn scheidemantel hätte vor ca. 8 jahren seine einstellungen geändert – behauptet er) wie der heutige kaufmann dereinst um das ansehen von rudolf heß besorgt war. oder, dass er an sonnwendfeiern oder demonstrationen unter anderem gegen die wehrmachtsausstellung dabei war. who cares? der typ war und ist es vielleicht auch heute noch 100%: ein neonazi. dem berechtigten interesse der hinterbliebenen der 10 mordopfer, der verletzten der drei bombenanschläge, ihrer freunde, familien und bekannten und nicht zuletzt der kritischen öffentlichkeit (die hoffentlich tagtäglich größer wird) hilft es einzig, wenn der prozess in münchen direkte und indirekte verbindungen des trios in andere ultrarechte kreise und das staatliche (mit)wissen aufdeckt. denn nur so können die taten vorbehaltlos und vollumfassend aufgeklärt werden.

in bezug auf letzten mittwoch wäre es beispielsweise sinnvoll gewesen, genauer untersuchen zu lassen, was es etwa im umfeld von gerlach und scheidemantel mit herrschaften wie hammerskinfreund sebastian walther oder eben combat18-fan manuel bense aus lauenau auf sich hat. aber das widerstrebt götzl augenscheinlich. und die medien, die wie er offenkundig nicht erhellen wollen, wer das trio bei ihren taten jeweils vor ort live oder im vorfeld unterstützte, verschweigen, dass es im prozess thema war. und zwar trotz oder gerade wegen der – medial ebenfalls unterschlagenen – ungeheuerlichkeit, dass der richter diesmal gleich zwei engagierten nebenklageanwälten unverholen drohte, sie fortan überhaupt nur mehr zu den zeugen/tatzusammenhängen fragen zu lassen, die ihren jeweiligen mandanten unmittelbar für ihn erkennbar interessieren dürfen und eben nicht mehr zum – unseres erachtens natürlich überhaupt nicht von irgendeiner tat loslösbaren – nsu-gesamtzusamenhang.

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*jenes zeit-blog schaffte es letzte woche den mord an der polizisten kiesewetter und das attentat auf ihren kollegen arnold (der am 16.01. in münchen aussagen soll) explizit als “ceska”-tat darzustellen. statt diese gravierende falschaussage ebenso explizit zu berichtigen und dabei zu erklären, wie es zu dieser mehr als irritierenden zuschreibung kommen konnte, wurde der fehler klammheimlich und auch ein wenig ungelenk getilgt – und die kommentiermöglichkeit unter dem entsprechenden beitrag gar gänzlich zensiert.

** traikomischerweise hatte sich an dieser stelle versehentlich hier kurzfristig der falsche verwandtschaftsgrad “bruder” eingeschlichen, stefan apel ist aber natürlich “nur” der cousin von beate zschäpe wie kommentator “HL” völlig richtig und dankenswerterweise anmerkte -

Buchtipp in Sachen NSU und Verfassungsschutz

Uwe Mundlos, einer von vermeintlich “nur” drei Mitgliedern des engsten Kreises des sog. NSU, wurde im Zeitraum 1994-1995 während seines Wehrdienstes, vom MAD (Amt für Militärischen Abschirmdienst) angesprochen, ob er nicht als V-Mann tätig sein möchte. Trotz oder eben gerade wegen seiner extrem nationalistischen Gesinnung, die er dem Vernehmen nach nicht im Geringsten verbarg, mag jeder Leser für sich beurteilen.  Mundlos – so die Überlieferung – verneinte, der MAD schloss die Akte und verschickte Kopien des Gesprächsprotokolls an verschiedene Verfassungsschutzämter sowie an das Bundesamt für Verfassungsschutz.

Dennoch behauptete das Amt im Nachgang zum Tod “der beiden Uwes” bis zum September 2012, es habe keinen Kontakt zu Mundlos gehabt und dementsprechend auch keine Unterlagen geführt, die zur Aufklärung der NSU-Morde beitragen könnten. Später sagte Thomas de Maiziere, sein Ministerium habe in dieser Angelegenheit “unsensibel” gehandelt, ansonsten sei dem Verteidigungsministerium aber nichts vorzuwerfen. Nicht nur der MAD, sondern auch die anderen Empfänger aus dem Jahr 1995 versuchten diese Akte gegenüber diversen Untersuchungsausschüssen zu unterschlagen.

Als eines von mehreren weiteren Beispielen, dass sowohl die Polizei als auch die Geheimdienste die “untergetauchten” rechtsextremen Terroristen und ihre Unterstützer alles andere als aus den Augen verloren hatten, erinnert Buchautor Wolf Wetzel in seinem absolut lesenswerten Buch “Der NSU-VS-Komplex” an jenen Geheimdienst-Referatsleiter, der angeblich in eigener Regie wenige Tage nach dem Auffliegen des NSU sechs Dossiers mit Abhörprotokollen in rechtsradikalen Gruppen geschreddet hat. Die im Unrast-Verlag erschienene Publikation arbeitet bei ihren plausiblen Fragen zur (Mit-)schuld des Verfassungsschutzes an u.a. neun Morden an Migranten seit 2001 mit Verweis auf die Geschichte von GLADIO, bietet also auch Hintergründe zu den während des kalten Krieges europaweit geheim operierenden rechtsextrem geprägten Armeen, die mit Terroranschlägen im Auftrag westlicher Geheimdienste letztlich wohl primär die Bevölkerungen einschüchtern sollte. Gleichzeitig stellten die Regierenden diese Anschläge perfiderweise als Taten linker Gruppen dar, um deren Bewegung zu diskreditieren.

Nimmt man die nach der u.E. fraglos gezielten Aktenvernichtung offiziell übrig gebliebenen Informationen oder verschiedenste, teils widersprüchliche Aussagen beteiligter Beamten zum gleichen Tathergang, so drängt sich – und somit eben auch beim Lesen von Wetzels Ausführungen – der starke Verdacht auf, dass gewisse Staatsorgane die drei, vier (Stichwort das kaum mehr von den Mainstreammedien beachtetes Bekennervideo mit vier “Paulchen Panther Köpfen) oder wer weiß wieviele “originäre” NSU-Leute jahrelang gewähren ließ.

Für den ehemaligen “L.U.P.U.S.- Gruppe”-Autor (bekannt und wie es der Mainstream wohl formulieren würde “umstritten” u.a. durch Anti-Golfkriegskampagnen sowie einer Bundestagsblockade gegen die Abschaffung des Asylrechts) liegt ein wesentliches Motiv dieser Mordserie darin, dass staatliche Behörden die Möglichkeit hatten, die ermordeten Kleinhändler der organisierten Kriminalität im ausländischen Milieu zuzuschreiben: “Die Instrumentalisierung dieser Mordserie als Beweis für die sicherheitspolitische Leitlinie, dass hier unauffällig lebende Ausländer Deutschland zum Schauplatz der kriminellen Machenschaften machen, was mit der Bezeichnung ‘Döner-Morde’ und der Namensgebung für die eingesetzte Sonderkommission ‘Bosporus’ mehr als deutlich unterstrichen werden sollte.”

Wetzel erinnert wichtigerweise auch gezielt daran, wie in Deutschland rechte Gewalt nach der Wiedervereinigung hochkam, an Übergriffe auf Asylbewerberunterkünfte, daran, dass die Polizei nicht selten tatenlos zusah und wie danach schließlich von Medien und Politik nicht wenigstens eine Debatte über Rassismus in der Mitte unserer Gesellschaft begonnen wurde, sondern zur de-facto-Abschaffung des Asylrechtes geschritten wurde – was wiederum sicher nicht wenige Neonazis als Rückenstärkung für ihr ausländerfeindliches Handeln verstanden haben…

Im Zentrum des Buchs steht aber ganz klar der Verfassungsschutz: während in den 1970er und 80er Jahren nur wenige Stimmen eine Abschaffung forderten, 1990 fast nur mehr das “Komitee für Grundrechte” für ein “Entledigen” dieser Organe plädierte (“Wie die nahezu 40jährige Geschichte der “Ämter der Verfassungsschutz” zeigte, sind verdeckt operierende Nachrichtendienste auch im Rechtsstaat weder rechtlich begrenzbar noch parlamentarisch kontrollierbar. Ihre Rechtsbrüche und Skandale sind systembedingt. Politische Geheimdienste zur Überwachung der Bevölkerung in einer Demokratie, auf Grundrechtschutz und Rechtsstaatlichkeit verpflichteren Verfassungsordnung machen nicht nur Fehler – sie sind der Fehler”) werden nun gut 20 Jahre später kritische Stimmen wieder lauter. Doch nach Wetzel sollte man genau hinhören, wer was fordert, es gebe nicht wenige, die eine “Reorganisation” im Schilde führen, die eine noch engere Bindung von Polizei und Geheimdienst bedeute.

Dabei gebe es ohnedies bereits beängstigende Verzahnungen: seit 2004 das Gemeinsame Terrorismus-Abwehrzentrum GTAZ; seit 2007 eine gemeinsame “Antiterrordatei”; neu geschaffen wurden das Gemeinsame Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus GAP und das das Gemeinsame Extremismuszentrum GETZ.

Abschließend erinnert Wetzel klar, dass sich absehbar keine der Parteien ernsthaft mit diesem Thema beschäftigen wird, und so ruft er auf, mit kleinen praktischen Schritten dem Ziel Stück für Stück näher zu kommen. Zum Beispiel indem man Spitzel gezielt outet und sie in einer bundesweiten Datei über aufgeflogene V-Leute erfasst, was Nachrichtendiensten erschweren könnte, neue anzuwerben und alte zu halten.

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