Die NSU Prozesstage 221 & 222 im Schnelldurchlauf

gemeinhin veröffentlichen wir unsere Zusammenfassungen von NSU-Prozesswochen exklusiv nur in unserer facebook-Gruppe gegen Rassismus und gegen Vertuschung - um diese noch bekannter zu machen (join it!), heute aber auch mal wieder hier: Die Prozesstage 28./29.07. (221 u 222) im Schnelldurchlauf

28.07.2015, 221. Tag

Götzl hatte für heute zwei Zeugen geladen: das aktive NPD-Mitglied Sandro Tauber und die BKA-Beamtin Alper, die bereits unlängst u.a. über Aliasnamen von Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe referiert hatte. Sie wurde aber letztlich auf den nächsten Tag verschoben, weil aus den geplanten knapp zwei Stunden für Tauber der “ganze Tag” wurde. Geladen worden war letztgenannter aufgrund des Antrags der Verteidigung Wohlleben. Er wird in einer Quellen-Mitteilung ans ThLfV erwähnt, als Besucher der NPD-Schulungsveranstaltung in der Herberge Froschmühle in Eisenberg am 29.01.2000, bei der auch Edda Schmidt referierte. Es soll dort auch Wohlleben anwesend gewesen sein, wie auch Christian Kapke, sowie zwei – für den V-Mann vermeintlich unbekannte – B&H-Männer aus Chemnitz. Laut Mitteilung soll einer während der Veranstaltungspause in Anwesenheit von Wohlleben und Tauber Kapke auf sein Lied über die “Flüchtigen” angesprochen und gesagt haben, denen würde es gut gehen, woraufhin er von Wohlleben schroff unterbrochen worden sei. Danach habe sich der Kreis aufgelöst und einer der Chemnitzer habe mit Tauber gesprochen. Tauber gibt an, dort gewesen zu sein. Zu Personen aus Chemnitz meinte er, er kenne nur Jan Werner und dieser sei dort gewesen. Auf Vorhalt, ob Andreas Graupner auch dort war – das wisse er nicht, kenne ihn nicht. Solche Gespräche will er nicht mitbekommen haben. Er wisse auch nicht, ob Christian Kapke oder Wohlleben da waren. Obwohl er die beschriebene Reaktion von Wohlleben für plausibel halte, weil das ein absolutes Tabu-Thema gewesen sei, zu eigenem Selbstschutz, weil man von Agenten und Provokateuren umgeben gewesen sei.

Beide Uwes, wie auch Tino Brandt, seien seine Freunde gewesen, obwohl er sich zeitlich wenig in Thüringen aufgehalten habe, zu der Zeit habe er in Bayreuth gewohnt. Auch die “Beate” kenne er, sie habe zur Gruppe in Jena gehört, die sie (er und Brandt) besucht hätten und umgekehrt. Diese Gruppe sei relativ stark gewesen, etwa 20 Mann um den Jugendklub in Winzerla. Er kenne alle Angeklagten außer Eminger. Böhnhardt sei nicht, wie behauptet, aufbrausend und gewaltätig gewesen, sondern für ihn vielmehr unauffällig. Er könne sich an keine Besonderheit von Böhnhardt erinnern. Mundlos sei eine andere Natur gewesen, ein Organisationstalent – wozu ihm aber Beispiele fehlen -, dieser habe eine witzige, aufgeschlossene Art gehabt. Zschäpe sei sehr unauffällig gewesen, habe sich zurückgehalten, sei trotzdem sehr lustig, spaßig gewesen, eine angenehme Person, so Tauber. Es war auffällig – und er konnte nicht plausibel erklären, warum er das so sagte -, dass er in München zwei-drei Mal von “zwei” Untergetauchten sprach, als habe es Zschäpe im Untergrund nicht gegeben. Es sei für sie (Tauber und wohl die Szene) eine sehr ungewöhnliche Sache gewesen, weil sie sie gekannt hätten und gedacht hätten, sie sei aus “Loyalität, Solidarität oder aus Abenteuerlust” mitgegangen.

Er glaube, die ganze Geschichte (gemeint: das Auffinden der “Bombenwerkstatt” von der Polizei) sei nicht ganz außermittelt, er zweifle daran. Es habe damals viele fingierte Geschichten von der Polizei gegeben. Es habe nach dem Untertauchen viele Spekulationen gegeben, wo die Flüchtigen sein könnten. Man habe gedacht, sie sind im Ausland, weil es unvorstellbar war, so lange Zeit (unentdeckt) in Deutschland zu sein. Dann habe es geheißen, die Drei seien in Kreta verunglückt oder getötet worden. Er habe es von Tino Brandt erfahren, vermutlich 1999-2000. Er erinnere sich daran, dass auf Konzerten Gelder für die Flüchtigen gesammelt wurden, habe aber keine Erinnerung, wer sammelte. Es habe Veruntreuungsvorwürfe gegen Sammler gegeben, diese habe er auch nicht hinterfragt.

Carsten Schultze sei damals in Jena sehr stark gewesen. Er sei in die JN (die Tauber zusammen mit Schultze und Wieschke auf Anraten von Tino Brandt in Thüringen gegründet habe) eingetreten und wurde im Juni 2000 Taubers Stellvertreter im Landesverband, mit guten Optionen auf der bundesweiten Ebene. Zu Schultzes Ausstieg sagte er, dieser sei zu ihm nach Hause gekommen, habe ihm persönlich “offenbart”, dass er homosexuell sei und dass er aussteigen wolle. Kurze Zeit später sei Schultze ausgetreten, habe sein Amt niedergelegt und sei auch aus der Kameradschaft gegangen. Er, Tauber, habe mit ihm danach noch einige Zeit Kontakt gehabt. Zu dem Vorhahlt, Schultze habe angegeben, Tauber habe ihn nach dem Trio gefragt, verneinte er dies. Entsprechend auch, dass er nach der ausgebliebenen Antwort entrüstet gewesen sei.

Auch zu Wohlleben fielen Tauber durchweg positive Begriffe ein: sehr ruhig, besonnen, intelligent; sehr politisch; fair (in Bezug: Mentor bei Jugendlichen); ein Organisationstalent. Der kleinste gemeinsame Nenner für sie beide sei der Nationalismusgedanke gewesen. Der Kreis um Wohlleben sei politisch (Wahlbeteiligung) sehr aktiv gewesen.

Tauber bestritt vehemment, dass der THS eine selbständige Organisation war. Er sei lediglich eine “Mutter” für alle möglichen Kameradschaften, Organisationen und Parteien in Thüringen, ein “Dachverband”, eine “Schattenorganisation” bzw. “Vernetzungsplattform” gewesen. Deswegen könne er auch keine Namen der THS-Mitglieder nennen, außer Tino Brandt, wobei er auch nicht sicher sei, ob der THS dessen Erfindung gewesen sei. Er selber sei als JN-Mitglied beim THS gewesen. Es habe Stammtische gegeben, “Sammelsurien und Treffpunkte verschiedener Organisationen und Kameradschaften” und das Ganze sei dann THS betitelt worden. Nach der Wende seien zu ihnen ältere Leute aus Bayern gekommen, wie Kai Dalek – Brandts Mentor. Mit ihm sei die Organisation aufgebaut worden. Die Antiantifa sei die erste “Schattenorganisation” gewesen. Es habe zweimal pro Woche Stammtische gegeben: mittwochs für “Hinz und Kunz” und sonntags einen Koordinationsstammtisch für Aktionen, Wahlen (welche Partei man wählen sollte) usw. Auf Vorhalt, laut einem Hinweis wurde der Sonntagsstammtisch als “Kaderbesprechung” bezeichnet, meinte Tauber, das klinge hochtrabend. Der THS habe nur die Vernetzung als Ziel gehabt. Sonntags hätten sie besprochen, wie sie dem Verfolgungsdruck entgehen, in dem sie für Mittwochsstammtische immer unterschiedliche Treffpunkte überlegt hätten. Er habe Wohlleben, Mundlos und Böhnhardt sehr sporadisch bei Sonntangstammtischen gesehen.

Auf Fragen der Verteidigung Wohlleben, ob er sich an eine Fernseh-Live-Diskussion erinnere, bei der es um die NPD und die Gefahr seitens der Rechten gegangen sei,  meinte Tauber, der damalige Innenminister sei rigoros gegen die “nationale Opposition” vorgegangen, sie hätten das für “sehr unfair” gehalten, es habe einen “massiven Verfolgungsdruck” gegeben. Vielleicht hätten sie damals Interesse gehabt, mit dem Minister darüber zu reden. Auf Vorhalt, seinem zweiten Stellvertreter Wieschke sei verboten worden, an dieser Diskussion teilzunehmen, sagte Tauber, das wäre typisch gewesen.

Gewalt hätten sie komplett abgelehnt, er wie Wohlleben. Gewalt sei nicht von ihnen ausgegangen, sondern von Linksextremen oder von der Polizei. Während seiner Bundswehrzeit – 1996-97 – sei er dreimal vom MAD mit dem Ziel der Verpflichtung als V-Mann angesprochen worden, er habe die Zusammenarbeit abgelehnt. Ob er den Verdacht gehabt habe, wollte die Verteidigung von Wohlleben wissen, dass Brandt V-Mann war: Ja, bestättigte Tauber, es habe eine Gerüchtenküche zu Brandts Homosexualität gegeben, das habe ihn in seiner Position angreifbar bzw. erpressbar gemacht. 1998 oder 1999 solle Brandt sich bei einer seiner Veranstaltungen in einer Jugendherberge an einem Betrunkenen vergangen haben, Tauber sei selbst nicht dabei gewesen. Brandt sei darauf angesprochen worden und habe es nicht zugegeben. Auf “Verfolgungsdruck” angesprochen brachte Tauber als Beispiel, dass die Anmelder rechten Demonstrationen in Gewahrsam genommen worden seien. Wie auch Carsten Schultze, der einen Hess-Marsch in Eisenach angemeldet und daraufhin mehrere Tage in Gewahrsam genommen worden sei, was für ihn und seine Familie ein sehr harter Schlag gewesen sei. Kurz danach sei Schultze ausgetreten.

Auf die Frage der Verteigung Wohlleben nach den angesprochenen gleichen politischen Zielen mit Wohlleben, meinte Tauber, sie seien sehr national bewusst und zählte Themen auf “Souveränität der Völker” ( die BRD sei bis heute nicht souverän, Ziel sei gewesen, dies wieder herzustellen). Sie hätten die Zins-Politik, das Geldsystem in Frage gestellt (was für gewisse “Watch”-er – weil ja der unschlagbare Antisemitismus-Beweis – bezeichnenderweise weitaus erwähnenswerter als die berichteten Anwerbeversuche des MAD oder, dass auch dieser Zeuge lange von den Verbindungen Brandts zu V-Behörden wusste – um was aber geht es nochmal in diesem Prozess? Menschen welcher Nationalität, vermeintlichen religionszuschreibung wurden ermordet?) Konkret: Es sei ihnen um den “Untergang der Gesellschaftsordnung”, um die große Abtreibungsrate in Deutschland und eine damit einhergehende “demographische Katastrophe” gegangen. Die Asylpolitik sei Tagesthema gewesen. In den 90er Jahren habe es eine ähnliche Konstelation gegeben wie heute. Sie seien nicht gegen Menschen, Asylbewerber als Verursacher sondern gegen das politische System gewesen. Sie seien niemals für eine gewaltsame Lösung des “Problems” gewesen. Das habe ihnen großen politischen Schaden gebracht. Er spreche dabei nicht nur für die JN oder die NPD sondern für die ganze nationale Bewegung: sie wären viel weiter, wenn Rostock, Hoyerswerda oder “das hier” nicht passiert wäre. Letzteres habe ihnen den Einzug in den Thüringischen Landtag gekostet. Kai Daleks Aussage – der THS sei “der bewaffnete Arm” in Thüringen gewesen – sei absoluter Nonsens. Waffen seien schon Thema gewesen, aber nicht welche zu beschaffen, sondern Leute, die diese immer wierder angeboten hätten. Sie hätten diese als Provokateure gesehen und abgewiesen.

Von Nebenklage-Vertretern auf Aussagen anderer Rechter zu Gewaltbereitschaft und Waffenbesitz von Böhnhardt angesprochen, spielte Tauber dies herunter und wiederholte, in seiner Anwesenheit nichts bemerkt zu haben – eine Gaspistole zu besitzen sei damals in der Szene für “Selbstschutz” gegen Linke üblich gewesen. Es habe auch keinen Ausländerhass gegeben, “Bratwurst statt Döner” sei der einzige Spruch damals gewesen. Zur Flucht der Drei gefragt, meinte Tauber, zu Flüchten sei damals eine Modeerscheinung gewesen, z.B. sei Rachhausen nach einer Kneipenschlägerei, wo niemand ernst verletzt gewesen sein soll, nach Kanada oder Dänemark geflüchtet. Über die Drei: er kenne die Diskussion, die es in der Szene gegeben habe, a) sie sind Helden, weil der Polizei ein Schnippchen geschlagen, b) keine Helden.

Irgendwann kurz vor halb Drei, fiel Götzl auf, dass Heer und Stahl der Reihe nach nach draußen gegangen waren und nach seinem Dafürhalten zu lange dort verweilten. In seiner ihm typischen Art machte er dafür RAin Sturm an, wo sich denn deren Kollegen aufhalten würden. Sturm sachlich: sie sei nicht deren Sprecherin, sie mussten telefonieren, mehr wisse sie auch nicht. Daraufhin verordnete Götzl zehn Minuten Klärungspause.

Als die Vernehmung dann weiter lief, wurdeTauner vorgehalten, die Polizei habe 2006 in seinem Auto ein Bajonett-Messer einer Kalaschnikow sichergestellt. Tauber bejahte, das habe sich in der Werkzeugkiste befunden – als Arbeitsgerät. Er sei auf dem Weg zu einem Konzert kontrolliert worden. Er habe irgendwann das Messer wieder zurückgehabt und es habe keine Konsequenzen für ihn deswegen gegeben. Auf die Kameradschaft Saalfeld angesprochen, meinte Tauber, das sei eine Ente von Aust, es habe keine Struktur gegeben, nur ein T-Shirt. Die Geschichte mit den drei Flüchtigen und Kreta sei von einem Bereitschaftspolizisten in Umlauf gekommen, erinnerte der Zeuge nach Vorhalt. Von wem, wisse er nicht, er kenne niemanden, der von der Polizei in der Szene gewesen wäre. Auf Nachfrage gab er an, Narrath bzw “Nicole” (Schneiders) zu kennen, aus ihrer Studiumszeit in Jena (Schneiders war Wohllebens Kollegin bei der NPD), habe aber vorher wegen des Prozesses nicht mit ihnen Kontakt gehabt. Auch ein kurz von Wohlleben-RA Klemke kritisch hinterfragter Versuch eines NK-Vertreters einen Vorhalt mit Ausschnitten aus einer Demo in Dresden zu machen, ob Tauber dort Leute (neben Zschäpe) erkenne, war eine weitere sinnfreie Episode eines weiteren sinnfreien Prozesstages.

29.07.2015, 222. Tag

Der Tag fing mit Ex-VM(Piato alias Szczepanski)-Führer ” Reinhard Görlitz” aus Brandenburg an, der zum zweiten Mal nach München kam. Erneut in Begleitung eines Anwalts, erneut mit Perücke und Kaputze und mutmaßlich künstlich aufgepolstertem Bauch maskiert, was der deutsche “Rechtsstaat” augenscheinlich als normal betrachtet. Das Fragerecht lag bei der Verteidigung Wohlleben, die wissen wollte, ob der Zeuge in seinem Amt angeregt habe und dieses dann veranlasst habe, den im geschlossenen Vollzug befindlichen Szczepanski in den offenen zu verlegen, seine Post nicht mehr durchsuchen zu lassen bzw. ihn frühzeitig zu entlassen – Görlitz verneinte. Kurz danach entbrannte eine Diskussion zwischen Heer und Götzl und Klemke, dass das Gesicht des Zeugen durch seine “Maskerade” nicht sichtbar sei. Der Zeuge schob Perückenhaare aus dem Gesicht, sein RA und er wechswelten die Plätze und die Befragung ging weiter. Ob es Gespräche des LfV mit der JVA gegeben habe? Görlitz: dass sei ihm erinnerlich, aber er wisse nicht wer mit wem oder was, es sei nicht sein Bereich gewesen, solche Gespräche zu führen. Er habe zur Vorbereitung zu diesem Termin heute Gespräche mit seinem Vorgesetzten und dem RA geführt und einige Tage vorher Akteneinsicht gehabt, es seien 4 Aktenordner mit Deckblattmeldungen aus den Jahren 1997-98 gewesen. Was mit dem Handy von Szczepanski am 25.08.99 gewesen sei, meinte der Zeuge, er habe das alte an sich genommen und dem V-Mann das neue gegeben. Was mit dem alten Gerät danach passiert sei, nachdem er es in der Behörde (an wen, dazu fehle die Aussagegenehmigung) abgegeben habe, wisse er nicht mehr. Er wisse auch nicht, ob Piato Zugang zu Waffen gehabt habe, und, dass es gegen seine VP ein Ermittlungsverfahren wegen Waffen gab. Szczepanski habe den Auftrag gehabt, nur Infos zu sammeln, aber nicht Strukturen zu bilden. Auf Vorhalte aus der Aussage von Uwe Menzel, der gesagt haben soll, dass Szczepanski ihm angeboten hatte, Waffen zu besorgen bzw. dieser habe Strukturen in Königswusterhausen aufgebaut, sagte der Zeuge, dass er nichts davon wisse. Über die SMS auf dem einbezogenen Handy vermeintlich von Jan Werner an Piato mit der Frage, was mit den “Bums” sei (was Verfahrensbeteiligte für ein Synonym für Waffe/n halten), meinte der Zeuge, darüber erst später in anderen Akten (nicht die er selber geführt habe) gelesen zu haben. Auf Nachfrage, welche Akten, meinte der Zeuge, die des UA, diese haben ihn zur Verfügung gestanden zur Vorbereitung für München. Er habe die Verschriftung des SMS gelesen, wisse nicht, welche Behörde diese Verschriftung veranlasst habe. Ob diese Info sich in der Akte befinde, die der Zeuge vor sich auf dem Tisch liegen habe, meinte er, ja. Auf Nachfrage las er vor, dass das SMS “Was ist mit den Bums” am 25.08.1999 eingegangen sei. Es sei nicht ersichtlich, wer die Unterlage srstellt habe. Das Blatt, aus dem er vorlese sei eine Zusammenstellung, wahrscheinlich von ihm selber, so der Zeuge, aus einem Vermerk seines Referatsleiters vom 30.01.2013.

Dann gab es wieder die Beschwerde von Heer, Görlitz’ Gesicht sei für ihn nicht erkennbar. Er beantrage, der Zeuge solle die Kaputze abnehmen, er habe ja eine Perücke darunter, doppelt sei nicht notwendig. Dagegen protestierten die Staatanwälte Diemer und Weingarten, sie hätten auch ihr Sitzordnungsproblem (das von Zschäpe durchgedrückte Stühlerücken zwischen ihren alten und dem neuen Verteidiger), sprich den Zeugen nicht ins Gesicht schauen zu können. Götzl kommentierte, es könnte sein, dass die Befragung abgebrochen werde. Klemke dazu, wenn abgebrochen wird, dann sei dem Zeugen auf den Weg zu geben, sich für das nächste Mal über die Geschichte mit Handy ausführlicher zu informieren. Die Nebenklage schloss sich dem Antrag von Heer an und beantragte zustätzlich, die vom Zeugen mitgebrachten Dokumente anuszuwerten. Götzl gab kund, dass laut dem Brandenburgischen LfV der Zeuge nicht erkannt werden dürfe, und fragte Görlitz, ob er bereit sei die Unterlagen auszuhändigen. Der Zeuge meinte knapp, nein. Götzl darauf, ob ein Sperrvermerk des Amtes vorliege. Der Rechtsbeistand des Zeugen, Peters meinte, es seien reine Vorbereitungsunterlagen, diese seien eingestuft, es sollte geklärt werden, ob ein Aushändigen möglich sei. Götzl schlug vor, der Zeuge solle Unterlagen abgeben, der Senat würde sie nicht sichten, währenddessen sollte der Zeuge den Sperrvermerk besorgen, wenn keiner vorhanden sei, dann wird’s beschlagnahmt. Die GBA/Diemer stellte sich auf die Hinterbeine für den VS-Mann: man solle begründen, warum man die Unterlagen einsehen wolle. Man solle der Behörde die Möglichkeit geben zu erklären, es sei der Geheimdienst, man müsse nach den Regeln gehen! Dann sprang noch Peters ein, diese Unterlagen seien über sein Mandatsverhätnis mit Görlitz, Beratungsnotizen. Daraufhin die Nebenklage: wieviele verschiedene Erklärungen noch a) Behördenunterlagen, b) was der Zeuge selbst zusammengestellt habe, c) Beratungsnotizen mit dem RA. Peters: die Akte bestehe aus unterschiedlichen Dokumenten. StA Weingarten: der Zeuge sei ein Beamter, die Unterlagen seien Kopien aus seiner Behörde, Görlitz sei in einer schwierigen Position, er könne wegen eines Dienstvergehens beschuldigt werden; für die Behörde sei es schwierig, zu entscheiden, um welche Dokumente es gehen solle; und die Beschlagnahmung sei nicht rechtens. Das Hinundher drohte noch lange weiter zu gehen, bis Götzl 20 Minuten Pause anordnete, damit der Zeuge mit dem Innenministerium telefoniere. Aus der Verteidigung Wohlleben kam die Bemerkung, sie hätten Angst, wenn der Aktenordner mitgenommen werde, komme der nicht mehr vollständig zurück. Als daraufhin ein Nebenklägeranwalt meinte, die Akte bleibe im Saal, flippte Götzl mal wieder aus, der Anwalt solle sich mässigen, hier sei ein Befehlston nicht angebracht.

Nach der Pause zog der Richter die Zeugin vor, die am vergangenen Tag nicht zum Zuge gekommen war. Die BKA-Beamtin Alper war bereits Mitte Juli in München gehört worden. Nun berichtete sie über weitere “Alias-Personalien” von Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe die anhand aufgefundener Aservate zugeordnet werden konnten. Unter anderem ein auf Holger Gerlach ausgestellter Reisepass mit Gerlachs Bild sowie der Führerschein, den Böhnhardt für PKW- und Wohnmobilanmietungen genutzt habe, sowie die ADAC- und AOK-Karten, wo keine direkte Nutzung festgestellt worden sei. Auf Gerlachs Namen waren auch zwei Fahrradpässe ausgestellt. Mit dem Namen “Andreas Hofmann” soll wohl Uwe Mundlos Computertechnik eingekauft haben, der Name stand auf einer Quittung aus der Zeit in der Polenzstrasse, es gebe keine reale Person hinter diesem Namen. Auf “Lisa Mohl” waren zwei Kundenkarten u.a. für Zwickauer Energievbersorger ausgestellt gewesen, der Name wohl als Abwandlung von dem ebenfalls benutzten “Lisa Pohl”. Weitere fingierte Personalie sei “Andreas Müller” gewesen – der wurde auf einer Zugangsdatenliste für Onlinedienste gefunden, zugeordnet wurde er Böhnhardt. Der Name “Carsten Richter” wurde auf Einzahlbelegen gefunden. Der reale Richter habe wohl die Anmietung der Wohnung in der Altchemnitzerstrasse übernommen und dem Trio zur Verfügung gestellt. Die Rechnungen seien an Carsten Richter ausgestellt, unterschrieben aber mit “K. Richter”, wohl ohne Kenntnis des Betreffenden. Eine auf “Silvia Rossberg” ausgestellte AOK-Karte nutzte wohl Zschäpe für Zahnarztbesuch in Halle 2006. Rossberg mittlerweile Scheidemantel hatte bereits als Zeugin in München ausgesagt, dass sie für 300 Euro ihre Karte an Gerlach verhökert hatte. An ihren Namen waren auch ein gefälschter Bibliotheksausweis und zwei Brillenpässe ausgestellt gewesen, wobei bei letzteren der Name durchgestrichen und mit “Pohl” ersetzt gewesen sei.

Nach zwanzig Minuten war Alper fertig, danach gab es wieder ca. 15 Minuten Pause, um laut Götzl zu klären, wie es mit Görlitz weitergeht. Danach hieß es, das brandenburgische Inneninisterium habe sein OK für die Sicherstellung der Kopien der Unterlagen gegeben, dessen Einvernahme sei (für heute) unterbrochen, bis demnächst könne Görlitz mit seiner Behörde alles bezüglich Sperrvermerk klären.

Nach der Mittagspause kam dann der dritte Zeuge, Jürgen Beck vom BKA, der 2011 und 2012 zwei Vermerke im Auftrag der EG Trio zu aufgefundenen Namenslisten gemacht habe. Er habe keine original Asservate bekommen, sondern Kopien – entweder elektronisch oder auf Papier: es seien Auszüge aus Telefonbüchern gewesen, Notizzettel, strukturiert geordnete Namen, alle mit Bezug auf München (88 Namen/Datensätze), Dortmund (37) und Nürnberg (6). Diese Dateien seien offensichtlich sehr systematisch angelegt worden. Es seien unter anderem Personen des öffentlichen Lebens dabei gewesen, wie Parteivertreter, Mitglieder des Landtags, Polizeibeamte, Fritsche soll auch darauf gestanden haben. Aber auch Pfarrer, Friedhöfe, Kindergärten, jüdische Einrichtingen. In Papierform hätten Auszüge aus dem Telefonbuch vorgelegen mit handschriftlich ergänzten Notizen, wie z. B. “Rote Sau”. Auf Notizzetteln seien Eintragungen mit X oder mit abgehakt-Zeichen markiert, bzw. mit Textmarker hervorgehoben gewesen. Bei der stichpunktartigen Prüfung seien Teile der Daten noch aktuell, teils schon veraltet gewesen. Er habe keine zeitliche Eingränzung, wann die Dateien erstellt wurden.

Der BKA-Beamte erwähnte auch, dass zahllose “Islamistische Einrichtungen” vermerkt waren auf den Aservaten, wobei er augenscheinlich Moscheen und islamische Kulturzentren meinte – also pauschal alles der islamischen Religion zuordenbare mit islamistisch “abkanzelte” – höchst peinlich: dass Götzl sich bemüssigt fühlte, dem Beamten zur Seite zu springen und zu behaupten, er habe “islamische Einrichtungen” verstanden, was dem Richter keiner abkaufen kann, wenn man seine Akribie kennt. Statt sich für die systematische Verunglimpfung zu entschuldigen, meinte der BKA-Mann lapidar, er habe sich keine Gedanken (über Wortwahl) gemacht, habe Institutionen gemeint, die mit Islam zu tun hätten.

nsu-prozess: ab wann darf, ab wann muss man einen richter als zumutung bezeichnen?

tragikomisch wenn man sich erinnert, welch gewichtige akten mit nsu-bezug durch deutsche “verfassungsschützer” vermeintlich unwiderbringlich (auch wenn gewisse ard-dokus peinlicherweise vor monaten anderes suggerieren wollten) geschreddert wurden: vor wenigen wochen stand in der mittagspause eines prozesstages wenige meter vorm OLG dieses fahrzeug. so wie wir die arbeit der meisten akkreditierten journalisten seit über 50 verhandlungstagen beurteilen müssen, würden diese wohl auch dann schweigen, wenn im gericht sogar vor ihren augen weitere akten geschreddert würden – copyright: das ZOB

auch wir waren vergangenen donnerstag geneigt zu lamentieren, wie undankbar es ist, stundenlang einem einstigen “szeneladen”-inhaber  beim de-facto (ver-)schweigen zuschauen und zuhören zu müssen. namentlich ging es um frank liebau. einem mann der offenbar zumindest vor jahren extrem tief mit ultrarechten, vermeintlich gemeingefährlichen kreisen verbandelt, und partner oder chef von andreas schultz war, der dereinst dem nun in münchen mitangeklagten carsten schultze die berühmt-berüchtigte ceska übergeben haben soll, ehe sie dieser dann vermeintlich zu böhnhardt und mundlos brachte. doch: wer insbesondere als medienvertreter die jüngsten beiden (!) prozesstage auch nur annähernd vollständig verfolgt hat, müsste – wenn er seinen beruf, seinen unabhängigkeits- und aufklärungs- oder wenigstens informationsauftrag ernst nimmt – zumindest gleichberechtigt über die neuerlichen ungeheuerlichkeiten des vorsitzenden richters im nsu-prozess berichten. ein wiederholtes auftreten, das fast nur mehr als gezieltes ausbremsen kritischer fragen zu werten ist. im idealfall sollte vielleicht sogar die frage nach der zumutbarkeit und oder tragfähigkeit gestellt werden. und zwar weil das unseres erachtens nunmehr endgültig jede grenze überschreitende, teils extrem lautstarke und auf uns beleidigend wirkende ”gegötzel” ausnahmslos kritischen nebenklagevertretern galt. also nicht mal – wenigstens auch – jenen unerträglichen “zeugen” liebau traf, der außer mit bei neonazis auffällig beliebten marken wie „thor steinar“ oder tickets für umstrittene “fightclubs” mit dem einschlägig bekannten “rico malt” auch mit aus guten gründen indizierten CDs und mutmaßlich gar mit videos handelte, die quasi bombenbauanleitungen bzw. inspiration zum abschlachten politischer gegner enthielten. der “madley”-betreiber musste sich nicht abkanzeln lassen. er durfte sich vielmehr – wie vor ihm übrigens bereits zahlreiche polizisten (sic!) im zeugenstand – auf gedächtnislücken berufen, ohne dass götzl seine aussagen wenigstens protokollieren ließ.

“Er ist 59 Jahre alt. Geboren in Franken. Jazzliebhaber.” so begann vor einigen monaten – nachzulesen noch u.a. bei wz-newsline – eine art portrait jenes mannes, der in diesem verfahren sozusagen den hut aufhat. manfred götzl ist der vorsitzende richter im NSU-prozess. verantwortlich für den text, der u.a. mit der zwischenüberschrift “Dem Richter wird fehlende Sensibilität vorgeworfen” operierte und mit dem absatz “Leicht macht es Götzl weder sich noch Anderen. Anstatt den türkischen Medien
einfach drei Plätze im Publikum zu geben, wie Karlsruhe aufgezeigt hatte,
verschob er den ganzen Prozess. Opferangehörige mussten Flugtickets stornieren –
und sich noch einmal neu auf das Zusammentreffen mit den mutmaßlichen Tätern
einstellen.” endete, stammte von sabine dobel. einer mitarbeiterin der natürlich auch aktuell in sachen nsu deutschlandweit überproportional artikel und damit zahllose meinungen prägenden nachrichtenagentur dpa.

polizisten, die absonderlichste widersprüche im raum stehen lassen dürfen

nicht dass jene zeilen im frühjahr in unseren augen als besonders mutig oder gar bahnbrechend zu werten waren – sie waren besser als nichts. heute aber gibt es hinsichtlich der arbeit götzls unserer beobachtung nach fast nicht mal mehr kritik zwischen den zeilen. bleiben wir zunächst bei der dpa. zum 52. prozesstag (dem vergangenen mittwoch) lieferte diese einen bericht, der zwar ein wenig auf unstimmigkeiten zwischen staatsanwaltschaft und zschäpe-verteidigung hinsichtlich der vernehmung einer 91-jährigen eingeht, jedoch komplett verschweigt, dass der “damalige (gemeint ist der zeitpunkt des “auffliegens” des NSU, aka der wohnmobilbrand von eisenach, das auffinden der “beiden uwes”, anm. das ZOB) Chef der Polizeidirektion Gotha, Michael Menzel” trotz zahlreicher nachfrageversuche von prozessbeteiligten nicht ansatzweise schlüssig erklärte, warum er am tatort zeitnah an uwe mundlos dachte. der leitende beamte hatte sich nämlich bereits am 4.11.2011 eine akte zu diesem – und wohl nur zu diesem – angefordert, bevor (!) es in den frühen morgenstunden des 5.11. einen entsprechenden treffer in einer fingerabdruckkartei gab! wohlgemerkt: zu einer auch metzels aussage nach aufgrund der schwere der schussverletzungen (stichwort pumpgun) anderweitig nicht identifizierbaren leiche.

ebenso verliert dpa nicht einmal “zwischen den zeilen” einen hinweis darauf, wie der vorsitzende richter letzte woche nebenklagevertretern mit unseres erachtens fadenscheinigen gründen ins wort fiel, deren kritische fragen de facto abwürgte. man muss wissen: aufgrund unseres erachtens fragwürdigster beschlüsse von götzl und seinem ihm stets treu ergeben scheinenden senat wird im OLG ja von anbeginn an eine offizielle wörtliche protokollierung generell verhindert. von einer audio- oder gar videoaufzeichnung dieses sogenannten “jahrhundertprozesses” ganz zu schweigen. wenn nun die masse der medien hierzulande de facto verschweigt, dass es in dieser wie in anderen polizeilichen aussagen gravierende ungereimtheiten gibt; einen richter nicht mal zitiert, geschweige denn kritisiert, wenn dieser behauptet, dass es für den tat- und schuldvorwurf gegenüber den angeklagten keine relevanz habe, ob zumindest einzelne staatsbedienstete mehr oder minder frühzeitig wussten, wo das NSU-kernrtrio steckte, ist das unseres erachtens absolute desinformation. oder gar vorauseilende selbstzensur? es gibt schlicht zuviele indizien, dass mitarbeiter der einen oder anderen deustchen behörde wussten, was sich böhnhardt, mundlos und zschäpe seit ihrem “abtauchen” 1998 zumindest unter anderem neu aufs kerbholz geladen haben sollen, als dass man hierzu einfach schweigen darf.

liebe journalistenkollegen: auch verschweigen ist als falschaussage zu werten

man könnte es konsequent nennen, dass eben jene mit abstand bekannteste deutsche nachrichtenagentur zu prozesstag 53 in der folge darauf verzichtet zu erwähnen, dass nebenklagevertreter letztlich eine umfangreiche kritische stellungnahme zu den augenfälligen widersprüchen des herrn menzel abgaben. immerhin kommt so etwas dann im prozess selbst zur gesamtakte. und damit voraussichtlich anders übrigens als wohl höchstspannendes, und vielleicht eine menge erhellendes material zu andreas temme, jenem verfassungsschutzbeamten, der beim mord am internetcafebetreiber halit yozgat 2006 nebendran gestanden haben oder zumindest – laut ermittlern die heute anscheinend niemand mehr hören mag – quasi über die leiche “gestolpert” sein muss. konkret ging es bei einem antrag der nebenklage zu temme unlängst darum, 35 telefonüberwachungsakten zu dem aufgrund (früherer?) rechtsradikaler tendenzen als „klein adolf“ bekannten mann, der sich bezeichnenderweise nach jenem neunten nsu-mord nicht einmal als zeuge gemeldet hatte, beizuziehen. richter götzl lehnte zwischenzeitlich aber – fast möchte man schon sagen erwartungsgemäß – auch diesen antrag ab. die unterlagen würden wohl nichts dazu beitragen können, den fall aufzuklären. die bundesanwaltschaft hatte ihrerseits schon zuvor “widerspruch” erhoben – schließlich gelte es ja auch die privatsphäre (sic!) temmes zu schützen. und die meisten deutschen medien schweigen. hier und da.

dabei sind berufsverbotforderungen, wie sie dem vernehmen nach etwa im jahre 1963 allzu kritischen journalisten entgegenwehten, die sich vom früheren bundesrichter dr. schröder vom bundesarbeitsgericht gar als „Brunnenvergifter“ diffamieren lassen mussten, die „systematisch das Vertrauen in die Justiz untergraben“, und denen man deshalb “das Handwerk legen” müsse, heute wohl - zumindest formal – nicht mehr zu erwarten. hoffen wir zumindest. auch in bayern. haben kollegen, die auffällig vieles, was im nsu-prozess am image der richter und der staatsanwaltschaft kratzen könnte, mehr oder minder beharrlich ausblenden, vielleicht trotzdem “nur” angst? etwa davor, dass man ihnen selber den prozess macht, wenn sie auch nur implizit an der marke unabhängigkeit (von der entscheider an deutschen gerichten offensichtlich oftmals glauben, dass sie nicht mal theorteisch hinterfragt werden darf) zweifeln?

richter blockt selbst fragen, die sich quasi um mögliche blaupausen für die nagelbombenanschläge des NSU drehen

der zu seiner politisch aktiveren zeit selbst fraglos nicht zu unrecht umstrittene norbert blüm, dessen lesenswerter wenngleich nicht taufrischer text in der “zeit” auch eine anmerkung zum vorsitzenden richter im nsu-prozess enthält (“Götzl gilt unter Kollegen als “brillant”. Zu dieser Brillanz gehörte, dass er einen Gutachter, der während eines langen Vortrags einen Schluck Wasser zu sich nehmen wollte, anblaffte, er solle gefälligst eine Pause beantragen, wenn er Durst habe.”) schafft es, anders als viele medienvertreter, die in münchen seit mai oft mehrmals die woche grund dazu hätten, den gedanken “Richter (müssen) wenigstens lernen, mit Kritik umzugehen” auszuformulieren. zumal selbstkritik, etwa aus reihen des deutschen richterbunds – dessen stellvertretenden vorsitzende andrea titz tragikomischerweise aktuell die leitende pressesprecherin des OLG münchen ist – an einem der ihren, gerade im falle dieses verfahren wohl nicht zu erwarten ist.

zurück zu dem im vorspan dieser geschichte erwähnten szeneladen, der rund um die in neun von zehn nsu-morden zum einsatz gekommenen ceska eine gravierende rolle gespielt habe. dass götzl bei liebau mindestens pro forma öfters nachfragte, diesen zeugen daran erinnerte, dass er nichts verschweigen und nicht wissentlich die unwahrheit sagen dürfe, ist unseres erachtens natürlich eine selbstverständlichkeit. viele kollegen scheinen, allein dass ein richter seine originärste arbeit macht, als etwas besonderes zu betrachten. anders sind viele medienberichte zu den jüngsten prozesstagen nicht zu erklären. dass journalisten dabei aber zumeist unerwähnt lassen, wie götzl am vergangenen mittwoch und donnerstag gleich zahlreiche vertreter der vielen schwerstverletzten und der hinterbliebenen der mordopfer des NSU – also jene gruppe von nebenklageanwälten, die von SZ bis spiegel allein aufgrund ihrer zahl bereits vom ersten prozesstag an immer wieder mal mehr mal weniger unverholen als generelle zumutung diffamiert wurden – fast wie “am laufenden band” unterbrach, oft auch maßregelte und ihren fragen, wenn er sie denn letztlich umformuliert zuließ, zumeist den wind aus den segeln nahm, spottet jeder beschreibung. selbst die schilderungen, die dpa offenkundig am letzten freitag nachschob (die somit unserer beobachtung nach kaum mehr widerklang fanden), spiegeln das, was diesmal zunächst nebenklagevertreter alexander hoffmann und im weiteren wieder anwälte, wie der mit stets besonders profunden recherchen und – wenn ihn das “hohe gericht” nicht steine in den weg legen würde – wohl sehr zielführenden fragetechniken auftrumpfende yavus narin, von götzl erdulden sollten, nicht im ansatz wieder. dass der richter namentlich auch fragen zu früheren ermittlungen zu einem wohl sehr guten bekannten (“kumpel”) von “zeuge” liebau ebenso wie zu fragen über inhalte von bei ihm, dem einstigen szeneladenbetreiber, mal vorgefundenen DVDs blockte, obgleich sich diese um nichts geringeres als um anleitungen zum nagelbombenbau bzw. um “experimente” mit selbigen handelte, findet offenkundig keinerlei wiederklang in der deutschen medienlandschaft. neben zehn morden wird dem NSU jedoch eigentlich insbesondere ein verheerendes nagelbombenattentat vorgeworfen: im juni 2004 wurden durch eine extrem feige tat in der kölner keupstraße (in der überproportional viele türkische bürger ladengeschäfte betrieben und betreiben) 22 menschen zum teil schwer verletzt. aber dies ist ein komplex, den götzl ja schon ziemlich zu prozessbeginn offenkundig vernachlässigenswert fand.

götzl unterbindet protokollierung selbst bei offenkundigen lügnern

und da ist es wieder. das problem der aberwitzigerweise vom vorsitzenden richter und seinem senat wohl nicht zuletzt aufgrund des drängens der bundesanwaltschaft abgelehnten bzw. unmöglich gemachten protokollierung. denn neben all dem was – unter anderem – dpa zur jüngsten prozesswoche unter den tisch fallen ließ: es gibt auch zu mal banaleren, mal grundsätzlicheren sachfragen höchst unterschiedliche berichterstattung. also nicht “nur”, wenn etwa einerseits dpa formuliert “Mit der Hauptangeklagten Beate Zschäpe wechselte er (gemeint ist der mann aus dem madley-laden, anm. das ZOB) im Gerichtssaal mehrfach Blicke. Die beiden lächelten sich immer wieder zu.”, während beispielsweise der erst jüngst nebenklage-anwälte in die ecke der sog. verschwörungstheoretiker schubsende, eng mit der wochenzeitung “die zeit” verbandelte berliner tagesspiegel zu den gleichen prozesstunden vermerkt: ”Immer wieder blickt er zu Beate Zschäpe und Ralf Wohlleben. Zschäpe mustert ihn, verzieht aber keine Miene.” nein! so etwas passiert tagtäglich bei viel gewichtigeren situationen. zum beispiel bei der frage, ob der seinen “madley”-laden zwischenzeitlich aufgegebene “zeuge” liebau letzte woche vor gericht eingeräumt haben soll, zumindest mal armbrüste in dem szeneladen verkauft zu haben, gehen die beobachtungen der oftmals nicht mal mehr 20 journalisten vor ort weit auseinander. unserer wahrnehmung nach hat das der heute vierzigjährige, der vorm OLG nebenbei zweifelsfrei erklärte, sich beim mitangeklagten wohlleben irgendwann mal nach dem verbleib des “trios” erkundigt zu haben, übrigens explizit verneint.

sogar, dass speziell bei diesem von vielen als zumindest sperrig empfundenen zeugen die nebenklage – was in einzelfällen trotz des o.g. generellen beschlusses des gerichts rechtens ist – eine wörtliche protokollierung beantragte (was erstaunlicherweise ausnahmsweise sogar von bundesanwalt weingarten – “hier steht eine Straftat im Raum” – formal unterstützt wurde, aber – sie ahnen es – von götzl, weil es auf wortwörtliches nicht ankäme, abgelehnt wurde), finden viele kollegen offenkundig nicht mal eine silbe wert. auch nicht, dass es der vorsitzende richter dieser tage ebenfalls als irrelevant einstufte, dass beim mordfall in dortmund – unter anderem – der deutschlandweit berüchtigte neonazi siegfried borchardt, der auch bei der einvernahme eines mutmaßlichen skinheads eine gravierende rolle hätten spielen sollen, wenige meter vom tatort gewohnt haben soll. das (die folgende formulierung ist adaptiert) ehemalige nachrichtenmagazin der spiegel etwa, dessen autorin wir allein zur fortan passenderen verwendung des begriffs kreuzverhör beispielsweise einen was-ist-was-erklärtext empfehlen*, sprach letzte woche lieber von einer schonungslosen einvernahme. die hamburger verteilten also an den vorsitzenden richter lieber blumen als kritische worte. weil diese und andere kollegen ihren im print gemeinhin stark begrenzten platz ansonsten unter anderem auch für ausgiebige beobachtungen, etwa wie oft die hauptangeklagte zschäpe in prozesspausen kreuzworträtsel und oder sudokus löst, benötigen, bleibt natürlich letztlich kein platz zu berichten, was nebenklage-rechtsanwältin elif pinar richter götzl am letzten verhandlungstag nach dessen – anders kann man das unseres erachtens kaum nennen – ausraster gegen RA hofmann in einer immens engagierten, recht mutigen stellungnahme erörterte: nämlich, dass sie beim besten willen nicht wisse, wie es den hinterbliebenen der opfer und den verletzten aus köln vermittelt werden kann, dass der vorsitzende einem offenkundigen lügner wie dem szeneladenbetreiber über stunden mit einer engelsruhe begegne, aber bei der leisesten kritischen frage ihres kollegen unangemessen laut und unhöflich wurde. der rest ist schweigen.

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* eine auseinanderfriemelung zu “Über die Verkaufstheke des Madley” wäre auch noch angezeigt, denn von allem was man weiß, wurde eine waffe mit schalldämpfer nicht im geschäft selbst übergeben. zumindest der mutmaßliche abholer carsten schultze hat bis heute zumindest im prozess übrigens auch (noch) nie konkret eine ceszka benannt und oder identifiziert -

nsu-prozess: gericht schikaniert hinterbliebene – deutsche presse schweigt

kilic

habil kılıç, inhaber eines münchner obst- und gemüsehandels wurde nur 38 jahre alt – am 29. august 2001 hat ihn der “nsu” kaltblütig erschossen

der vergangene donnerstag war der bisher wohl härteste prozesstag im verfahren gegen beate zschäpe und andere. das lag einerseits an josef wilfling (kriminaloberrat a.d.) der mit unsäglicher arroganz und erkennbar von rassistischem gedankengut durchdrungen vor gericht als “zeuge” auftrat und andererseits am umgang des richters (der die vergangenen wochen schon mehrfach die anwälte der nebenkläger dreist anging) und teilen der staatsanwaltschaft (die weiterhin alles daran setzt, dass aktenschreddern, der fall temme, früheste v-mann-erkenntnisse zum aufenthaltsort der nun hauptangeklagten sowie von mundlos und bönhardt und derlei mehr vor gericht tunlichst nicht zur sprache kommt) mit der ehefrau des im august 2001 ermordeten lebensmittelhändlers habil kilic.

der eingangs erwähnte kriminaler wilfling, heute 66, hatte seinerzeit die leitung der ermittlung in jenem gemeinhin als vierten nsu-mord bezeichneten fall. damals lieferten ihn unterschiedliche nachbarn und ein postbote hinweise auf insb.vier verschiedene personen, die sich zur tatzeit in der nähe des tatorts aufgehalten haben sollen. angaben über einen angeblichen “mulatten” und einen mann mit “mongolenbart” nahm der beamte dabei offenkundig ziemlich ernst. vor allem ersteren. zwei gänzlich unabhängige zeugenaussagen, die übereinstimmend berichteten, 2 radfahrer mit sportlicher bzw. fahrradkuriertypischer kluft gesehen zu haben, konnten sich seiner damaligen einschätzung nach hingegen nur auf weitere potentielle zeugen, aber keinesfalls auf mögliche täter bezogen haben. dabei war in den ihn vorliegenden protokollen zum mordfall simsek just u.a. ebenfalls – und dort sogar wohl ziemlich prominent – von radfahrern am tatort berichtet worden.

als ob es nicht bereits zumutung genug gewesen wäre, dass sich der münchner beamte retrospektiv sogar von jeder oberflächlichen arbeitsweise freispricht, erst recht von blindheit auf dem rechten auge, wagte es herr wilfling vergangenen donnerstag vor dem OLG gar berechtigte – zugegebenermaßen in einem fall etwas unwirsch vorgetragene – fragen einiger nebenklagevertreter arrogant zu kontern und nebenher in verschiedensten formulierungen zu unterstreichen, dass es aus seiner sicht nur allzu plausibel war, dass man auch im fall kilic von einem tatzusammenhang mit drogendelikten ausgehen durfte. auch wenn sich das mordopfer dann irgendwann als “kreuzbraver” (sic!) mann herausgestellt hätte…

wie bei einem typen wie ihm kaum anders zu vermuten: auch heute scheint wilfling bei türkischen mitbürgern zuerst an mehr oder minder kurmme geschäfte zu denken – anders sind uns sätze wie “jetzt soll man mal bitte nicht so tun, als ob es keine türkische drogenmafia gibt!”, die er vor gericht im rahmen seiner zeugeneinvernahme regelrecht trotzig und (!) rotzig herausposaunt wurden nicht erklärlich.

wer dachte mit diesem auftritt und den dazwischen laufenden maßreglungen von richter und staatsanwaltschaft in richtung nebenklageanwälte hätte dieser prozesstag bereits seinen traurigen höhepunkt erreicht, sah sich etwas später getäuscht. was sich richter götzl leistete, als mit pinar kilic die erste hinterbliebene im nsu-prozess auf dem zeugenstuhl platz nahm, grenzt schon an menschenverachtung und gezielter qual. der vollständigkeit halber darf an dieser stelle jedoch nicht unerwähnt bleiben, dass kilic’ anwalt bernd-michael manthey seine mandantin wohl nicht nur im vorfeld wenig seriös beraten hat, sondern sie vor ort zunächst gar sträflich allein ließ – nicht von anbeginn an neben ihr platz nahm. gleichwohl rechtfertigt beides zu keiner sekunde den oftmals motzenden, laut werdenden tonfall und oder abfällige “jaja”s mit denen richter götzl der witwe (!) eines mordopfers begegnete, die schlicht und ergreifend in einem klaren ton bekundete, keine kraft für weitere befragungen zu haben, erst recht nicht im beisein jener “dame” (mit gesten richtung zschäpe) – schließlich habe sie alles schon mehrfach zu protokoll gegeben. und das, nachdem sie jahrelang wie eine verdächtige behandelt worden war, erkennungsdienstlich “von rechts und links mit nummer in der hand” von der polizei wie ein schwerverbrecher abfotografiert worden war, aufgrund des sozialen drucks wegziehen und ihren laden aufgeben musste und sich sogar schikanen von der schule ihrer damals rund 10-jährigen tochter gefallen lassen musste.

als sich frau kilic letztlich sichtbar widerwillig den bereits vom inhalt her tatsächlich wenig sinnhaften fragen des richters gebeugt hatte, war die tortur noch nicht zu ende. bundeanwältin anette greger insistierte minutenlang mit fragen, wann die zeugin selber nach deutschland gekommen sei, wann der verstorbene, wann man sich kennengelernt, wann der gatte nachgezogen sei … vom duktus her fast so, als sehe sich greger als vertreterin einer typischen deutschen ausländerbehörde, die den verdacht auf so genannte scheinehen zu untersuchen hätte.

und was machte die deutsche presse die letzten tage aus diesen ungeheuerlichkeiten? der stern etwa entschuldigt implizit götzls aber natürlich nicht mal umrissenes fehlverhalten, fabuliert von einem “Missverständnis” und liefert gleich noch eine erklärung, dass es der perverserweise explizit gar im kontext als “geduldig” geschilderte richter gar gut gemeint haben könnte: “Der Vorsitzende Richter Götzl will den Geschichten der Opfer Raum geben, vielleicht auch um darzustellen, welche Folgen die Morde für die einzelnen Familien, aber auch für die Türken in Deutschland hatten – der Vorwurf der Anklage lautet schließlich Terrorismus.”

während zahllose weitere medien - so sie das thema überhaupt aufgreifen – ähnlich versagen in sachen aufklärung der bevölkerung zu untrieben deutscher richter und staatsanwälte, wird man immerhin bei dpa bzw. der süddeutschen – sucht man mit der lupe nach kritik – in ansätzen fündig: “So souverän der Vorsitzende Richter Manfred Götzl sonst die Verhandlung leitet – der Umgang mit aufgewühlten Zeugen, denen die Strafprozessordnung fremd ist, gehört nicht zu seinen Stärken.” bzw. ”Der Vorsitzende Richter versucht immer wieder, ihr Details über ihren Mann, ihr Leben, den Mord zu entlocken. Einige Fragen des Richters wirken seltsam, die Frau wird immer ungeduldiger.”

doch mit solchen halbsätzen darf für offenkundige qual, die frau kilic letzte woche ein weiteres mal von deutschen behörden erdulden musste, die berichterstattung nicht stoppen! richtig ärgerlich fanden wir übrigens “nsu-watch”, das seine arbeit zum nsu-prozess unserer beobachtung nach leider viel zu euphemistisch als “protokoll”-dienst bezeichnet. die ansätze sind natürlich da, und man könnte sagen besser als nix. und wir möchten die arbeit an sich auch nicht diskreditieren, doch warnen gleichzeitig jeden leser davor “blind” zu glauben, dass es sich dort um protokolle im ureigensten wortsinn handelt! wie an zahllosen anderen stellen auf jener webseite wird bei nsu-watch jüngst u.a. das aussageverhalten von frau kilic mit subjektiven einschätzungen geschildert (“Nur sehr zögerlich” habe sie geantwortet). doch dass götzl laut und anmaßend wurde, findet bis auf eine implizite wiedergabe am ende (“Götzl bohrt nach…”)  in keiner einzigen silbe nachklang!!! doch wenn man an dieser stelle eben noch um zwischentöne und an- bzw. eben unangemessenheit vom tun des richters streiten könnte, findet sich im “protokoll” zwar explizit der folgende satz “Von Seiten der Verteidigung kommen keine Fragen.” aber dass es eine mehrstufige, unseres erachtens eben in jeder hinsicht unangemessen vorgetragene und auch formal ohnedies unnötige minutenlange fragerei seitens der bundesanwaltschaft gab, fiel bei den “kollegen”, die gemenhin zu zweit im pressebereich die laptoptasten krachen lassen, bezeichnenderweise gänzlich unter den tisch. ebenso übrigens, dass eine weitere zeugin an jenem tag gravierende unstimmigkeiten mit zeitlichen einordnungen zum tattag hatte, was zwar in anbetracht der umstände und inzwischen vergangenen zeit mehr als verständlich ist, aber eben nicht unerwähnt bleiben kann. erst recht nicht, wenn man vorgibt, umfassende protokolle zu liefern.

 

nsu: richter & staatsanwalt ist beeinflussung von zeugen egal

die angeklagten carsten s. und holger g. – beide sind im zeugenschutz und längst aus der untersuchungshaft entlassen – haben diese woche in münchen angaben zu ihrem lebensweg und begegnungen mit dem sogenannten nsu-trio gemacht. wir werden diese die kommenden tage noch ausführlich bewerten. u.a. natürlich auch das, was nun neu oder “erhärtet” zu gewalttaten, “verleihen” von ausweisdokumenten und übergaben von waffen (darunter die als tatwaffe für neun der zehn morde ausgemachte ceska) im raum steht. dabei kamen bereits zweifel auf, ob die befragungen von carsten s. durch richter götzl wenigstens formaljuristisch ordentlich abgelaufen sind. denn sie fanden statt, obwohl klar war, dass norbert leygraf - der psychiatrische gutachter von s. – die gesamte letzte woche nicht zugegen sein konnte. aber bei diesem richter darf einen im grunde gar nichts mehr verwundern.

denn götzl schaffte es in “woche drei” (nachdem er zuvor schon u.a. unnötig zwei prozesstage abgesagt hatte; perverserweise versucht hatte, das kölner nagelbombenattentat mit u.a. 22 teils schwerverletzten systeamtisch und dauerhaft auszuklammern; selbst bloße protokollierungen des prozessgeschehens ablehnte, geschweige denn audio- oder videoaufzeichnung zuließ; penetrant willkürlich und selbstverherrlich anmutend auftrat…) doch tatsächlich einen weiteren gewichtigen antrag erst zu verhöhnen und dann abzuschmettern.

es ging den die familie des 2006 in kassel ermordeten halit yozgat vertretenden nebenklageanwalt kienzle (und allen anderen vertretern der nebenklage sowie auch einigen anwälten einiger angeklagten die sich seinem antrag explizit anschlossen) dabei um nichts geringeres, als ausschließen zu können, daß behördliche beobachter als zuschauer an der hauptverhandlung teilnehmen und anschließend die aus diversen staatsapparaten zur ladung vorgesehenen zeugen bearbeiten könnten. daß eine prozeßteilnahme seitens der verfassungsschutzämter und anderer zweifelhafter staatlicher einrichtungen explizit angefragt und oder geplant war, ist unbestritten.

doch sowohl bundesanwalt diemer – der mann der maßgeblich dafür verantwortlich ist, daß vielen menschen im in- und ausland vorgegaukelt wird, daß es keine stichhaltigen anhaltspunkte für staatliche verstrickung und (mit)schuld an den attentaten und zehn morden gab – als eben in formal letzter verantwortung als “vorsitzender” des gerichts auch götzl, bekundeten u.a., daß es ein zu hoher aufwand sei, jeden tag die zuschauer zu befragen, ob einer von ihnen von staatswegen hier ist; ein ausschluß allein schon wegen des grundsatzes der öffentlichkeit ohnedies nicht durchsetzbar wäre; bzw. daß hier “vernünftigerweise” niemand davon ausgehen dürfe, dass behörden personen ins gericht schicken, die als zeugen in betracht kämen – weil diese ja selber die gefahr einer revision kennen.

daß die masse der deutschen medien auch dieses kapitel weitgehend ausklammert bzw. nicht irgendwo diese durchsichtige blockadehaltung des gerichts anprangert und ansonsten weiterhin so tut, als hätte es beim prozess außer der verlesung der anklageschrift sowie den “einlassungen” der beiden mehr oder minder aussagebereiten carsten s. und holger g. bisher nichts relevantes gegeben, ist ein skandal! daß u.a. auch der untersuchungsausschuss des bundestags, allen voran sebastian edathy (SPD), die letzten tage so tat, als sei alles was staatliche behörden die letzten jahre verbrochen haben (wobei wir keineswegs “nur” an das gezielte schreddern von akten denken!), nur ein versagen, eine panne, eine fehlleistung, ist unerträglich.

jeder, der dieses verhalten von medien, politik und gericht unkritisiert lässt, macht sich unseres erachtens mitschuldig. mitschuldig daran, daß die motivation und umsetzung der morde und attentate ebenso nebulös bleibt, wie die frage, wer neben den “beiden toten uwes” und zschäpe welche direkte und indirekte verantwortung trägt. insbesondere wer von den medienkollegen den zum himmel stinkenden fall “temme” ausklammert – jener verfassungsschutz-mitarbeiter (nicht etwa “nur” ein sog. v-mann, sondern ein staatlicher bediensteter!) war zur tatzeit im kasseler internet-café als halit yozgat ermordet worden ist! – muss sich unseres erachtens uneingeschränkt vorwerfen lassen, seine leser, zuhörer oder zuschauer systematisch zu belügen.

bitte helfen sie uns daher den prozess auch in zukunft unabhängig begleiten zu können! mit einer kleinen spende und weiterempfehlung unserer crowdfundingaktion bei startnext an freunde und bekannte!