nsu-temme – kleine aber feine fragen unterschiedlicher transkription?!?

ende februar hat “die welt” zum themenkomplex nsu/temme via soundcloud nachgesprochene “abhörprotokolle” ins netz gestellt. unter anderem zwei dateien “Gespräch Temme/H.”, mutmaßlich basierend auf mitschriften die sich die anwälte der familie yozgat zu diesen bisher noch nicht für das nsu-verfahren beigezogenen “originalbändern”. da sind natürlich weitere hörfehler, transkriptionsfehler bis hin zu fehlern bei der umsetzung durch “die welt” schlicht aus versehen nicht auszuschliessen.

richter götzl hatte unlängst (mit einem kleinen banalen datumsfehler) die GBA aufgefordert, dieses und jenes (neu) “transkribieren”, (beglaubigte) abschriften fertigen zu lassen, erweckt insofern den eindruck, dass er weiterhin nicht vorhat schlicht und ergreifend dafür zu sorgen, dass allein schon aufgrund der “nicht vorbeifahren”-geschichten ALLE abhörbänder (wobei: wer weiss schon ob alle polizeilichen abhöraktionen gegen teme dereinst wirklich “bekannt” und nicht einige “zufällig” bisher auch gar niemanden auch nur theoretisch bekannt sind) den verfahrensbeteiligten als “original” AUDIOdateien zur verfügung zu stellen: “Im Hinblick auf die Beweisanträge (Rechtsanwalt Bliwier & Kollegen vom 26.03.15)
bitte ich um Verschriftung der dort angesprochenen Telefonate ”

wir dokumentieren nachfolgend, was die “MK Café” nach früheren, von wem auch immer zu verantwortenden ungereimtheiten auch zu anderen abschriften dieser tage an die staatsanwaltschaft und somit letztlich ans OLG und die verfahrensbeteiligten gab. da es sich nachfolgend zunächst einerseits nur um das gespräch zweier dubioser “beamter” handelt, somit keine relevanten persönlichkeitsrechte tangiert sind (bzw. ab und an für einige sekunden auch temmes allerdings tv-bekannte frau); zentrale stellen hierzu und zu anderen abhörmaßnahmen bereits unbeanstandet teil der medialen berichterstattung wurden dokumentieren wir nicht als (auszugsweise) abschrift – die ja u.u. (vgl. eingangsthese^^) wieder kleine fehlerchen enthalten könnte – sondern aus objektivitätsgründen eins zu eins als aktenkopie. (unter http://dokumente.das-zob.de/temme_hartmueller_das_ZOB.pdf)

menschen, die sich die zeit nehmen, wird allein schon anhand diesem einen dokument – weitere finden sich untenstenend – auffallen, dass es allein in den ersten sätzen zwei leicht auffällige unterschiede zwischen der audio-adaption (bei der welt) und den nun offiziell vorgelegten abschriften gibt…

die polizei vermerkt beispielsweise ein “Ich war dabei (unverständlich) und so ich hab paar auf’s Maul verdient, da stehe ich auch zu…”

[dass hier als bindeglied zwischen den satzteilen etwas "unverständlich" ist, behauptet - vgl. pdf-link - die beglaubigte abschrift, das ZOB hat bis zur stunde keine sekunde original-aiudiomaterial anhören können, besitzt übrigens auch keinerlei ermittlungsakten zum "fall florian" hat aber platz im briefpostkasten ;-) ]

wenn uns unsere alten ohren nicht trüben heißt’s bei der “welt” in der mit künstlichst wirkenden schauspielern (und oder praktikanten…?) vertonten “fassung” indes: ”das unprofessionelle Zeug und so

und dann gibt es direkt (!) im anschluss u.a. eine stelle wo die welt (die übrigens andere temme-kollegen und vorgesetzte wie fehling beim namen nennt aber den gesprächspartner hier – hartmüller – mit “H.” abkürzt”) dramaturgisch folgendes vorliest: “”…aber der Rest war dann schon ziemlich heftig. Weiß nicht, hast du die ganze Story so mitgekriegt?

die aktenlage indes schreibt “…aber der Rest das war dann schon ziemlich heftig. Und dann erst die ganze Story so mitgekriegt…” beide fassungen gehen dann aber tatsächlich – die eine mit, die andere ohne pause temmes – in die worte “in einzelheiten” über…

wir finden es macht doch mindestens einen kleinen unterschied, ob da jemand sagt “ich war DABEI” und direkt folgend etwas vermeintlich (!) “unverständliches” sagt (nicht etwa “ich war (halt) dort”, oder eben am ende vorgeblich gar “zufällig” dort) oder ob jemand – was in unseren ohren nicht mit einer halbsilbe entfernt ähnlich klingt – stattdessen sagt “das unprofessionelle Zeug und so”. ebenso ist’s vielleicht doch ein unterschied ob jemand vermeintlich auf sich selbst gemünzt sagt (ich hab) “dann erst die ganze Story so mitgekriegt” (was man für sich separiert evtl. ganz gut zur entlastung des temme zitieren könnte) oder ob kirschenfreund temme seinen gesprächspartner fragt, ob dieser die Story mitgekriegt hat….

es folgen weitere offizielle abschriften von weiteren abhörprotokollen:

- alles aus übergeordneter warte, ne und nicht vorbeifahren: http://dokumente.das-zob.de/temme_hess_das_ZOB.pdf

- rausnehmen/nichts rausnehmen, besser so ne: http://dokumente.das-zob.de/temme_fehling1_das_ZOB.pdf

- ‘Wenn Profis arbeiten kriegt man…wenig mit’: http://dokumente.das-zob.de/temme_hess_2_und_3_das_ZOB.pdf

[unser beitrag hierzu wird von uns demnächst noch ergänzt... stay tuned! bzw. machen sie sich doch einfach selbst ein exemplarisches bild, dafür sind die dateien ja da ;-) ]

terrorzellew@aol.com – die widersprüchlichen familienbande des ralf wohlleben

“Wir reden nicht, wir handeln” – der Claim eines SPD-Flyers zum Wahlkampf 2011 des Mannes von Yvonne Wohllebens Cousine auf dem die fragliche terrorw-Adresse registriert war

insb. auch zu den finanzen der fünf in münchen angeklagten wird was viele nicht wissen auch *nach* prozessbeginn, kontinuierlich weiterermittelt. auch computer werden weiter ausgewertet etc. pp. – in unserem sonderheft zum einjährigen hatten wir im mai ja schon ein wohlleben zugeschriebenes mailkonto erwähnt (“Bereits seit den ersten Wochen nach Auffliegen des sogenannten NSU-Trios verfügt die Polizei über ein MacBook, das bei der Durchsuchung in Wohllebens Wohnung vorgefunden wurde. Nach der Grob-Auswertung stellte man unter anderem fest, dass von diesem Gerät, mit dem Absender „terrorzellew@aol.com“, Massenmails verschickt worden waren. Auch dieser Punkt hat im Prozess trotz des lautmalerischen Mailkontonamens noch überhaupt keine Rolle gespielt.”) – die GBA hat nun unterlagen “mit Erkenntnissen zur E-Mail Adresse terrorzellew@aol.com sowie zu einem möglichen Geschäftskontakt des Angeklagten Wohlleben nach Kassel” (!!!) für die verfahrensbeteiligten freigegeben.

demnach seien von dem “MacBook’ (aservat 24.1.1.3) – wie das BKA in einer “Korrektur zum Auswertevermerk” herausgefunden haben will – plötzlich “keine E-Mails mit der Adresse terrorzellew@aol.com versendet wurden”. KK’in Wegewitz hat offenkundig nicht gut genug gearbeitet vor vielen monaten, die “Fachdienststelle KI 22 – TESIT (Technisches Entwicklungs- und Servicezentrum Innovative Technologien)” wisse es offenbar besser. die adresse sei von wohlleben nicht zum versenden genutzt worden, er habe vielmehr mails von dieser adresse erhalten. richtig tragikomisch wird die geschichte aber erst durch befragungen zweier personen im familiären umfeld wohllebens, denen der fragliche account nun zugeordnet werden konnte. die eine kommt aus #pößneck (Kleinstadt im Saale-Orla-Kreis im östlichen Thüringen), im april 2006 sei sie wegen ihrem mann, den sie 2005 kennen gelernt habe, von dem sie heute getrennt lebe und mit dem sie zwei kinder hat, nach “hann(overisch). münden” gezogen.

auf die bitte der behörden ihre politische eirstellung zu schildern und zu beantworten, ob sie in parteien oder sonstigen organisationen aktiv ist, antworte sie vermeintlich “Eigentlich relativ neutral. Ich hab nichts gegen Ausländer. Ich bin in keinen Parteien oder Organisationen aktiv, aber mein Mann ist in der SPD.”

weiter verriet sie, dass wohlleben “der Mann meiner Cousine [Jaqueline WOHLLEBEN ehern. FEILER] ist. …Weitere Personen aus dem Umfeld des NSU, soweit mir aus der Presse bekannt, kenne ich nicht. Soweit ich weiß hing mein Cousin, der David FEILER, mal mit drin. Das habe ich aus der Bildzeitung erfahren, weil da so ein Bild vor einem Lokal war. Aber außer bei Geburtstagsfeiern habe ich da auch keinen Kontakt.” – konkret meint sie geburtstagsfeiern der oma, die wiederum aus kahla (!) bei jena (!) stammt.

nun sind wir selbstredend kein freund von sippenhaft, aber jedem der brav mitdenkt^^ wird an der stelle klar, dass es ja eine zumindest fernmündliche, besser gesagt mailtechnische verbindung zu wohlleben(s) über zufallsbegegnungen auf familienfesten gegeben haben muss, wieso sonst hätte man diese dubiose mailadresse auf dem mac gefunden…

konkret auf die o.g. mailadresse befragt antwortete eine “Katrin H.” laut angaben der polizei “[lacht] Ja. Das ist ja schon Jahre her. Wir hatten damals bei AOL einen Chat mit Freunden und wir hatten alle total bekloppte Namen .. Alle Namen, die ich versucht hatte waren bereits belegt. Da man mich damals immer “kleinen Terrorzwerg” genannt hat, wegen meiner großen Klappe, bin ich irgendwann auf den Namen “Terrorzelle W” gekommen. Ich war also auch Nutzer der E-Mail-Adresse; Aber damit war ich nur in Chaträumen unterwegs um mit Freunden zu schreiben.”

fragen sie sich gerade bei dieser ohnedies etwas hingebogen klingenden antwort nebst deplatziertem lachen, was da in der geschichte ein “W” verloren hat? die polizei tat es bei dieser “zeugin”: “Frage: Können Sie sagen, was das W hinter Terrorzelle bedeutet? Antwort: “Weiblich.” – noch fragen?!?

und dann fiel es ihr auf nachfrage, wie die adresse auf wohllebens rechner gekommen sein möge: “Ach ja. Wir haben Fotos von unseren Kindern ausgetauscht. Das war auch mit dem Account”

und anders (!) als auf die frage “örtliche Nähe in Kassel zu dem Mordfall Halit YOZGAT und die Zeitliche Nähe, da lhre Registrierung 2 Wochen vor diesem Mord erfolgte” hatte die in der vernehmung bis dato keinen technisch groß bewanderten eindruck hinterlassende zeugin auf den u.e. sehr spannenden vorhalt “Unsere Auswertung hat ergeben, dass von der Adresse “Terrorzelle W” Mails an 10-15 Adressaten versendet wurden, welche Links enthalten haben, die jedoch zu keiner Seite geführt haben” offenkundig recht spontan diese antwort parat: “Das kann sein. Man hat über diese Chatseiten Links zu Bildern oder Kettenmails verschickt. Man hat dann Mailadressen aus seinem Account ausgewählt und diesen dann einen Link zu einem Bild oder eine Kettenmail geschickt.”

der in kassel gebürtige kindsvater und aktueller nachnamensgeber jener dame wurde auch vernommen. er lebt heute wohl in staufenberg, wo er auch politik macht, die dann u.a. in flyern mündet, die “Wir reden nicht, wir handeln” überschrieben sind – ok, das ist jetzt vielleicht etwas fies, das in die nähe von nsu-claims zu rücken, also lieber zu seiner einvernahme.

der begriff “terrorzellew” sagte ihm demnach erst mal rein gar nix, von einer unnatürlichen pause zur folgefrage “Sind Sie Nutzer der E-Mail Adresse terrorzellew@aol.com?” ist nichts vermerkt – die antwort kam dann wohl recht spontan – “[lacht] Ja. Das hat einen coolen Hintergrund. Das war mal Katrins Adresse. Unsere Tochter hat als Kind ziemlich viel geschrien und Theater gemacht, deswegen habe ich sie immer “Terrorzelle” genannt. Das ist bestimmt schon 8 Jahre her, dass sie die genutzt hat. Mit der Mailadresse hat meine Frau eigentlich nur gechattet.” – außer dem vermeintlich spontanen lachen, das beide personen wohl aufzeigten, ein gravierender unterschied!

entsprechend folgte ein vorhalt: “Ihre Frau hat uns gesagt, das hätte damit zu tun, dass sie früher “Terrorzwerg” genannt wurde.” – die antwort: “Nein. Das hatte mit unserer Tochter Lisa zu tun. Da bin ich mir ziemlich sicher. Aber mit WOHLLEBEN hatte das nix zu tun.” – eine zusatzfrage, inwiefern denn das “w” zur tochter passen würde, haben ihm die beamten offenkundig nicht gestellt —

zu den nicht verfolgbaren links meinte der spd-ler “wahrscheinlich Youtube und so ein Kram” – und zu den zeitlichen/räumlichen auffälligkeiten kassel/2006 ein lapidares “Das ist dann wohl eine Verstrickung unglücklicher Zufälle.”

ob mit einer ähnlichen begründung die GBA einen etwaigen antrag auf zeugenladung versuchen wird abzubügeln?

ps: dieses und anderes zum thema #nsu können sie übrigens auch in unserer ziemlich frischen facebookgruppe-diskussionsgruppe unter https://www.facebook.com/groups/nsu.prozess/ diskutieren!

Copyright: Medienbüro nikorepress – Nino Ketschagmadse/Oliver Renn GbR

die zweite woche im nsu-prozess: trotz ungeheuerlichkeiten von götzl und diemer – keiner geht mit ihnen ins gericht

soweit wir das nach zwei tagen eingehender betrachtung zahlloser print- und tv-beiträge namhafter, vermeintlich reichenweitenstarker deutscher medien (insb. solcher, die wie wir mit festem presseplatz in münchen offiziell immer live dabei sein dürfen beim prozessgeschehen) vorläufig überblicken können: kein bekannteres organ thematisiert ernsthaft, geschweige denn umfassend oder gar explizit kritisch kommentierend, wie richter manfred “und ich habe die sitzungsgewalt!” götzl den durch das kölner nagelbombenattentat 2004 verletzten und traumatisierten menschen jedweden respekt verweigerte. ja mehr noch, es wird teilweise quasi systematisch unterschlagen, dass der “vorsitzende” aktiv auslotete, wie weit der deutsche staat diese und jene opfer ein zweites mal drangsalieren kann. und dann ist da noch die propaganda-maschinerie von bundesanwalt diemer.

wer bisher glaubte, dass sich richter- und bundesanwaltschaft zumindest bis auf weiteres mit der ungeheuerlichkeit begnügen, penetrant so zu tun, als ob verbürgt sei, dass der kern des sog. nsu “nur” aus drei tätern bestand und – noch aberwitziger – es keinerlei anzeichen für eine staatliche verstrickung in deren schreckliche verbrechensserie gäbe (dabei ist selbst wenn man die gezielte schredderei von aktenbergen “hier und da” außen vorlässt, insb. allein der fall andreas temme bei nüchterner betrachtung nicht von der hand zu weisen), sah sich getäuscht: schlimmer als unsensibel einzustufen agierte götzl in der zweiten prozesswoche zum thema kölner keupstraße. er regte nämlich an, diese niederträchtige tat, bei der es u.a. 22 teils schwer verletzte zu beklagen gab, vom hauptverfahren abzutrennen.

fast schien götzls vorschlag an alle verfahrensbeteiligten sich mit dieser idee anzufreunden eine trotzreaktionen: a) hatte einer der nebenklägeranwälte das gericht kritisch hinterfragt, wieso rund 70 weitere personen (die vor dem hintergrund des nagelbombenattentats offensichtlich zumindest theoretisch als nebenkläger in betracht kommen) vom deutschen staat selbst nach mehr als acht jahren offenkundig noch nicht mal auf ihre möglichen rechte hingewiesen worden seien und b) die zschäpe-verteidigung ritt bei einem ihrer zur abwechslung eher banaleren anträge darauf herum, dass der gewählte gerichtssaal dann endgültig nicht mehr tragfähig wäre. statt (wie zumindest wir es von einem wirklich neutralen und wirklich um weitestmögliche aufklärung bemühten richter erwarten würden!) entweder a) abzuwarten, wieviele nebenkläger bzw. nebenklägervertreter in den nächsten tagen und wochen tatsächlich hinzustossen oder b) in dem fall, wo ruchbar wurde, dass in köln aktuell vermeintlich irgendwelche bisher verfahrensunbeteiligten anwälte auf kundenfang ohne substantiellen hintergrund sind, notfalls die jeweilige “berechtigung” zur prozessteilnahme im einzelfall kritisch zu hinterfragen, startete götzl also den perfiden versuch, die verletzten und traumatisierten menschen aus der keupstraße sprichwörtlich auszubooten.

kölner opfer fast zu opfern zweiter klasse degradiert

denn ganz abgesehen davon, dass wenn man das nagelbombenattentat beim aktuellen prozess inhaltlich ausklammert, viele hintergründe der sog. nsu-taten noch schwerer zu erhellen sein dürften: jedem ansatzweise ehrlich bzw. realistisch denkenden menschen muss klar sein, daß zschäpe nicht zwei mal angeklagt wird. sprich, wenn sie wegen der ihr angelasteten gravierenden rolle bei den zehn morden (wie gemeinhin erwartet) zu lebenslanger haftstrafe und anschließender sicherheitsverwahrung verurteilt wird, stellt sie hierzulande niemand mehr ein zweites mal vor gericht. ein strafmaß für u.a. 22 teils schwer verletzte bzw. mind. 31 versuchte mordtaten aus der keupstraße wird niemand mehr abhandeln. dieses kapitel wäre – was für viele betroffene allein schon unerträglich sein dürfte – somit nicht aufgeschoben. diesen zweiten prozess würde es nach menschlichem ermessen niemals geben. die kölner opfer wären zu opfern zweiter klasse degradiert. und weite teile der mainstreampresse, die über jahre perverserweise sogar ohne folgenhafte presseratsrügen von “dönermorden” fabulieren durfte*, lassen das teilweise wieder ganz unter den tisch fallen.

in manchen fällen werden insbesondere schnellleser gar gezielt desinformiert. so entblödete sich etwa die süddeutsche zeitung nicht (die schon in der auch aus nebenklägersicht eben von götzl sehr wohl sinnfrei, zumindest unnötig lang unterbrochenen verhandlung letzte woche steigbügelhalterte “Die Vertagung des Prozesses ist normal ” sowie ” Doch die Verschiebung ist gerechtfertigt.”), im nachbericht der ereignisse in folge der von götzl angeordneten bedenkpause zu dem einzig von götzl explizit ins spiel gebrachten “abtrennungs”-gedankengangs tatsächlich “Gericht lehnt zweiten NSU-Prozess ab” als überschrift vor einen teaser zu setzen. und jener artikelvorspann bietet seinerseits zumindest implizit ebenfalls falsche schlüsse an: “Der Komplex um den Anschlag in der Kölner Keupstraße wird nicht von den NSU-Morden abgetrennt – vorerst jedenfalls. Das verkündet Richter Manfred Götzl nach der Mittagspause. Schlag auf Schlag werden auch die Entscheidungen zu mehreren anderen Anträgen von Verteidigung und Nebenklage bekannt gegeben”.

das steht wirklich so in der SZ, die sich im fall gustl mollath vor monaten wenigstens wieder als tendenziell ernstzunehmend positioniert hatte: “auch die Entscheidungen zu mehreren anderen Anträgen”; “auch” und “andere”(n) kann sich der logik nach im vorliegenden fall ja nur auf die unmittelbar zuvor benannte keupstraßen-thematik beziehen, und die überschrift mit dem hinweis auf eine ablehung, tut wohl unbestreitbar so, als sei diese infame idee von irgendwem, nur eben nicht vom gericht selbst aufgebracht worden. unseren recherchen nach symptomatisch für die deutsche presselandschaft!

spiegel sieht nebenklage generell als zumutung für das gericht

denn auch der spiegel weiß, was götzl und co. sicher gerne lesen. und so wurde teilweise auch unabhängig vom thema keupstraße stimmung gemacht, dass es überhaupt zu viele nebenklagevertreter im gerichtssaal gibt. es wurde also implizit auch gegen die verfahrensbeteiligung sogar der hinterbliebenen der mordopfer gehetzt: “Gewiss, das Verfahren ist eigentlich eine Zumutung für ein Gericht. Hätte es der Vorsitzende auf der Seite der Ankläger nur mit den vier Vertretern der Bundesanwaltschaft zu tun (und nicht mit mehr als 60 Nebenklageanwälten obendrein) sowie mit elf Verteidigern von fünf Angeklagten – es wäre zumutbar. Aber so?” im kontext des nagelbombenattentats legte das hamburger “nachrichtenmagazin” natürlich nach: “Noch mehr Nebenkläger? Und vor allem noch mehr Anwälte, nachdem schon nach letztem Stand mehr als 60 das Parterre des Münchner Gerichtssaals füllen? Das wäre eine schöne Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für nicht ausgelastete Rechtsanwälte.”

natürlich verschwendet der spiegel wie viele andere dabei keine silbe, dass es seitens deutscher behörden sogar auch nach der vermeintlichen selbstenttarnung des sog. nsu speziell im umfeld der kölner keupstraße zu offenkundig antimuslimisch intendierten mordversuchen zu keinerlei aktiver unterrichtung potentieller nebenkläger kam. unabhängig davon, ob irgendein gesetzestext den staatlichen vertretern freiwillig oder hingebogen zu ihrer untätigkeit beipflichtet: ein minimalmaß an menschlichkeit und anstand wäre nach all den vorgeblichen “pannen” doch wohl allein schon aus schlechtem gewissen heraus angezeigt gewesen, oder?

vor dem hintergrund der leider nicht nur bei sz und spiegel extrem und explizit gerichtsfreundlichen berichterstattung, kann es letztlich auch nicht mehr verwundern, dass die zahlreichen nebenklägervertreter, die sich bei der aussprache beherzt und mit zahllosen sachargumenten gegen eine abtrennung stemmten (weniger emotional wurde götzls “gedankengang” im übrigen sogar von der bundesanwaltschaft und auch von zschäpes verteidigung abgelehnt!) in der masse der deutschen medien mit detailkritik kaum vorkommen. teilweise nicht einmal sumerisch. daher zitieren wir nachfolgend exemplarisch einen der nebenklägervertreter, ehe wir uns im weiteren für heute abschließend noch kurz bundesanwalt diemer und seinem sprachrohr widmen.

 o-ton nebenklage-vetreter rechtsanwalt alexander hoffmann: “ Wir müssen ehrlich zu uns sein und Sie [adressiert an götzl] ehrlich zu den Opfern der Keupstraße. Es ist völlig klar: wenn jetzt abgetrennt wird, dann wird das abgetrennte Verfahren in München allenfalls nach Abschluss dieses Verfahrens in München durchgeführt werden. Wenn die Angeklagten hier erst einmal verurteilt sind wegen mehrfachen Mordes, das ist ganz klar und das müssen Sie den Opfern direkt sagen, dann wird das Verfahren eingestellt in Hinblick auf die bereits erfolgte Verurteilung. Dann fallen, ich trau mich das gar nicht das zu sagen, 31 versuchte Mordtaten nicht weiter ins Gewicht. Das kann nicht sein. Meine Mandantin hat bis zum Herbst 2011 eine Situation erlebt, dass jeder den Nachbarn verdächtigt hat, weil Schily gesagt hat, das war kein rechter Anschlag. Die Verdächtigen sind unter den Bewohnern gesucht worden, bis ein Bekennerschreiben in Videoform auftauchte. Man hat sie nicht ernst genommen. Man hat sie im Stich gelassen. Wenn wir jetzt sagen, wir trennen ab, weil dieser Teil Schwierigkeiten macht, dann wiederholt man das, man sagt dann, für Euch gibt es keine Gerechtigkeit, ihr doch Bürger zweiter Klasse. Damit verhilft man dem NSU im Nachhinein zu einem Erfolg. Die Taten, siehe field manuals der terroristischen Gruppen, zielten darauf, eine Spaltung in die Gesellschaft zu bringen. (…) Wenn man jetzt den Anschlag, der nicht von ungefähr an den Oktoberfestanschlag erinnert, herausnimmt und zur Einstellung frei gibt, nimmt man den Tatopfern wieder die Möglichkeit, als Teil dieser Verhandlung aufzutreten.

 (…) Der Bombenanschlag Keupstraße 2004 liegt im Zentrum der Aktivitäten des so genannten NSU. Er ist ein eindeutiges Bekenntnis zum rassistisch motivierten Massenmord, zum Krieg gegen Migranten. (…) In dem Moment wo eine Bombe gezündet wird für ein Maximum an Toten muss jedem in der Gruppe klar gewesen sein, dass es hier um Mord, Mord, Mord geht. Es müssen erhebliche Vorbereitungshandlungen zum Bau dieser Bombe gemacht worden sein. (…) Wenn das Gericht das jetzt ohne Not macht, ist das ein Zeichen an alle Nebenkläger – nicht nur aus der Keupstraße – dass es ab jetzt gegen sie verhandelt. Das Gericht muss sich jetzt entscheiden, ob es das Verfahren ab jetzt gegen die Opfer dieses Anschlags führen will.“

 geheimdienst-verstrickungen? wenn diemer nein sagt, ist nein! 

liebe leser, wann haben sie zuletzt in irgendeinem mainstreammedium vom mehr als ominösen fall temme gehört oder gelesen. also von jenem festen und sicher bis heute nicht allzu schlecht bezahlten verfassungsschutzmitarbeiter (nicht etwa “nur” v-mann), der in kassel unmittelbar am tatort war, als halit yozgat ermordet wurde? aber das ist bestimmt ebenso wie das aussparen der systematischen aktenschreddereien oder das nicht hinzuziehen diverser ergebenisse parlamentarischer untersuchungsausschüsse zu den offiziellen prozessakten nicht wichtig für ein verfahren. es gilt – so die offizielle sprachregelung – “nur” herauszufinden, wer von den fünf offiziell angeklagten in münchen welche schuld auf sich geladen hat. denn bundesanwalt herbert diemer weist wie schon im vorfeld des so genannten “jahrhundertprozesses” auch im gerichtssaal selbst gefühlt im schnitt alle drei stunden jedwede spekulationen über geheimdienst-verstrickungen entschieden zurück. und so berichten viele kollegen denn auch lieber über angebliche anträge der zschäpe-verteidiger zu einem “lachverbot”, wenn sie nicht gerade in breaking-news via twitter beispielsweise jammern, dass man ihnen seitens des gerichts essen und trinken im saal verbietet.

namentlich abermals der spiegel (“Diemers Stellungnahmen zu der Vielzahl von Anträgen, die zu Beginn eines Verfahrens anzubringen sind, schufen zunächst Klarheit im Gewirr der unterschiedlichen Auffassungen und Wunschvorstellungen.”) versteckt die bloße erwähnung (sic!) der “Affäre mit der Aktenschredderei” unserer wahrnehmung nach nicht zufällig hinter nebenkriegsschauplätzen. hinter zeilen, die lesern den eindruck der bedeutungslosigkeit bisheriger prozesstage vermitteln. beispielsweise hinter jener auf faktische unverschämtheiten götzls auf kosten der zschäpe-verteidigung beruhenden “lach- und sachgeschichte”.

und die SZ, die offenkundig auch noch nicht so dermaßen abgebrüht agiert, die frage geheimdienst gänzlich unerwähnt zu lassen, zitiert dazu aber neben diemers plump zurechtgebogen wirkendem mantra nicht etwa eine gegenrede, sondern einzig SPDler sebastian edathy, den vorsitzenden des NSU-untersuchungsausschusses im bundestag. dieser habe “Anfang dieser Woche von einem ‘beispiellosen Versagen’ der Sicherheitsbehörden gesprochen, jedoch ebenfalls betont, es gebe keine Hinweise darauf, dass staatliche Stellen den NSU gedeckt oder sogar unterstützt hätten.”

nebenklägervertreter finden mit fundamentaler kritik kaum gehör

vieles scheint in münchen also auch mit rückendeckung vorgeblich unabhängiger vertreter der vermeintlich vierten macht im staate nach dem motto zu laufen: weil nicht sein kann, was nicht sein darf! und so muss man auch stimmen von zahlreichen nebenklägern, die zwar anerkennen, dass das oberlandesgericht münchen den prozessstoff handhabbar gestalten muss, aber explizit der ansicht sind, “dass eine Aufklärung des Versagens der Ermittlungsbehörden und weiterer möglicher Unterstützungshandlungen des Netzwerkes um den NSU” zwingend eine (weitere) aufgabe dieses prozesses sein muss; die “Rolle der Angeklagten nicht” beleuchtet werden könne, “ohne zu ermitteln, wer, was, von wem, wann wusste und durch welche Mittel der „NSU“ zumindest mitfinanziert worden ist.” mit der lupe suchen.

machen sie sich bitte einmal selbst die mühe, allein zum umgang des staates und vieler medien zum themenkomplex 129er liste zu forschen, die bundesanwalt diemer bis donnerstag ebenfalls als absolut irrelevant deklarierte. doch als der druck seitens der verteidiger zu groß wurde, gab er sprichwörtlich klein bei und räumte in einer pressekonferenz am vergangenen donnerstag sogar ein, dass es dabei namentlich neun konkrete (weitere) fälle aus dem vermeintlich weiteren nsu-umfeld gebe, die aus heutiger sicht einen ermittlungsgrund böten. das ließ diemer aber nicht verlautbaren ohne reflexartig anzuschließen, dass sich – wenn man sich diese offizielle info (“neun”) nun also “vor Augen” halte – der anwurf der verschleierung (“129″) “immens” relativiere.

man beachte: NEUN weitere menschen stehen selbst offiziellen staatlichen angaben nach im fokus aktueller ermittlungen in sachen nsu! und u.a. ard und zdf tun in der zweiten prozesswoche durch das unerträgliche herunterleiern von behauptungen a la bisher hätte es primär “juristische Formalitäten” und “unwichtige Anträge” gegeben so, als sei allein jene liste oder eben das feiste ausklammern anderer erkenntnisse nicht relevant zur aufklärung. einer aufklärung, die staatlicherseits offenkundig aber eben nicht ansatzweise erwünscht ist. wohl weil es neben temme mutmaßlich noch einige, wenn nicht viele weitere gab, die – bei deutschen behördern fest angestellt – selbst bis kurz vor zschäpes ominösen antritt bei der polizei rege kontakte zum sog. nsu unterhielten. erinnern sie sich beispielsweise an die geschichte mit den zahlreichen telefonischen kontaktversuchen von anschlüssen des sächsischen innenministeriums?

die informelle pr-show des bgh-mitarbeiters köhler

v.l.n.r. köhler – diemer, am rande der offiziellen pressekonferenz am 4. prozesstag – foto: das_ZOB

zu dem gebahren diemers im gerichtssaal und drumherum passt leider auch ein punkt, der unseres wissens bezeichnenderweise nirgends in deutschland auch nur mit einer silbe aufgegriffen wurde, obgleich unter anderem (!) von dpa und sz über viele minuten “beobachtet”: staatsanwalt marcus köhler, der mann, der die offiziellen “presseunterrichtungen” von bundesanwalt diemer leitet und generell als pressesprecher von generalbundesanwalt range beim bundesgerichtshof wirkt, schwirrte den gesamten vormittag mit angeheftetem lichtbildausweis – und somit insb. auf viele “normalzuschauer” tendenziell als besondere “respektperson” wirkend – auf der zuschauer/pressetribüne herum. dort verkündete er vor dem eigentlichen beginn des prozesstags in auf fünf meter entfernung unüberhörbaren einzelgesprächen gegenüber pressekollegen seine einschätzung, dass doch fast alles was zschäpes verteidiger hier seit tagen böten, “bloßes geplänkel” ist.

in der mittagspause dann lief köhler gar zur “höchstform” auf, so dass sich fast geschlagene zehn minuten eine kleine traube diverser prozessbeobachtergruppen – (private) zuschauer und medienvertreter – um ihn bildete. nunmehr nicht mehr im gerichtssaal selbst, sondern in dem pausenraum mit wasserspender, brötchenverkauf und toilettenzugang, der während der sitzungspausen den menschen auf der empore offen steht. unter anderem hielt köhler ein flammendes plädoyer gegen jedwede aufzeichnung – sei es in bild und ton, und selbst auf freiwilliger basis – von zeugenaussagen vor diesem gericht. ein wunsch, der nicht nur von zschäpes anwälten und anderen verteidigern häufig angebracht wurde, sondern den auch viele nebenklägervertreter mehr oder minder offensiv äußerten. apropos vertreter der hinterbliebenen und opfer der sog. nsu-verbrechen: zu einer der anwält_innen – da waren aber die meisten pressekollegen schon außer hörweite, nur mehr zwei vermeintlich allgemein interessierte prozessbeobachter hingen noch an seinen lippen – hatte köhler u.e. gar noch despektierliches zu sagen. nämlich über frau edith lunnebach. sinngemäß zitiert: wenn es seitens der nebenklage um vorwürfe zu staatlichen fehlern in sachen nsu geht, muss man natürlich (beispielsweise bei ihr, die ja mit “linken” themen zu tun hatte) immer genau nach den “jeweiligen interessen” fragen…

angesprochen auf unsere irritation, dass sich köhler hier als erkennbarer vertreter staatlicher strukturen sogar gegenüber vermeintlich reinen zuschauern mit doch sehr nach PR riechenden bemerkungen darstellt, betonte dieser, dass er hier natürlich nur als privatperson spreche. im übrigen sei er auch durch ganz normales anstellen in den zuschauersaal gelangt, und natürlich wollte er keinesfalls auch nur irgendwie kritik an frau lunnebach äußern. da hätte er sich vielleicht unglücklich ausgedrückt – und dann hatte er es plötzlich irgendwie eilig und entschwand…

unterstellt, dass ein paar medien fernab von z.b. spiegel und sz nicht schon vor prozessbeginn auf linie waren: steter tropfen, so der offenkundige gedanke der propagandamaschinerie der staatsanwaltschaft, höhlt über kurz oder lang sicher auch noch die letzten ansatzweise kritischen vertreter. etwa nicht alles blindlings abnickende journalisten der einen oder anderen regionalzeitung, die wir erfreulicherweise die letzten tage auch wahrnehmen durften.

auch daher unser aufruf: unterstützen sie die medieninitiative “das ZOB” bitte aktiv und zeitnah durch spenden oder zumindest gezielte weiterempfehlungen an all ihre freunde und bekannten, damit das zuvörderst (aber nicht nur) bei diemer offenkundige ziel, staatliche (mit)schuld aus dem kollektiven gedächtnis entschwinden zu lassen, keine früchte trägt. die opfer und hinterbliebenen haben ein recht auf umfassende aufklärung. alle verfahrensbeteiligten haben einen verständlichen anspruch auf die uneingeschränkte einbeziehung aller verschlussakten in den offiziellen prozessablauf!

* selbst wenn sich nach den ersten zwei, drei morden noch irgendwer herausreden mochte, dass man tatsächlich beispielsweise auch einen sog. milieumord in erwägung ziehen konnte – was wir bis heute nicht mal theoretisch sehen! – war das u.e. von anbeginn an so oder so entmenschlichend!