Eine kleine Wintergeschichte: Die Spinne und das Eichhörnchen

für alle, die sich fragen, warum wir eigentlich dereinst eine spinne als maskottchen gewählt haben: die kleine zoba war in unserem printmagazin der mal kämpferische, mal schüchterne star unserer kindergeschichten. anlässlich einer von unser...er redaktion organiserten kundgebung im jahr 2011 u.a. gegen eine hetzkampagne von teilen der bamberger csu gegen asylbewerber haben wir das possierliche^^ tierchen dann durch unsere famose grafikerin von Funzine.Media mal spaß halber bekanntschaft mit einer piratenfahne machen lassen. und so kam eines zum anderen. nachfolgend sehen sie übrigens auch, dass wir - wenn wir denn wollen^^ - durchaus auch Groß- und KLEINschreibung beherrschen. wir wollen kinder, denen sie diese geschichte nicht nur vorlesen sondern gerne weiterreichen mögen, ja nicht "versauen". nicht dass sie in der schule wegen uns ärger kriegen. dabei wäre es soooo schön, wenn - wie es wohl neben vielen anderen schon jacob grimm, elfriede jelinek und "das bauhaus" gern gesehen hätten - sich auch hierzulande die u.e. konzentrationsfördernde und eben einfachere durchgehende kleinschreibung nicht nur im internet und sms-verkehr durchsetzen würde...

Die Spinne und das Eichhörnchen

wintergeschichteDraußen ist es kalt und dämmrig. Die kleine Spinne schaukelt aber aus einem anderen Grund traurig in ihrem Netz umher. Es heißt Abschied nehmen. Abschied von ihrem Freund dem Brummer, weil er nicht bei ihr überwintern kann. Schuldbewusst erzählt ihr Otti von seinem Plan, wie er sich in einen Wohnwagen schmuggeln und mit Leuten Richtung Süden fahren will. Er lädt Zoba ein mitzukommen, die Menschen würden sie sicher nicht entdecken. Doch die Spinne will von einer Reise nichts wissen. „Dann lass mich wenigstens einen besseren Platz für dich suchen“, sagt der Brummer mit besorgtem Unterton. „Etwas tiefer im Wald ist der Wind nicht mehr ganz so kalt. Und im Frühling bin ich ja auch schon wieder da und flieg dich zur Wiese zurück.“

Auch wenn sie wegen der nahenden Trennung losheulen möchte, reibt Zoba ihre zittrigen dünnen Beinchen aneinander und klettert auf Ottis Rücken. „Hier ist es“, verkündet der Brummer nach kurzem Flug. Unsanft landet er auf einer alten Baumrinde, in deren Nähe sich ein großes Loch befindet. „Wenn es zu kalt wird, kannst du dort hineinkriechen.“ Die Spinne ist noch immer böse, redet kaum ein Wort. „Dann mach’s gut!“ Der Brummer umarmt sie und fliegt tatsächlich davon. Entsprechend traurig macht sich Zoba an die Arbeit. Da es schon ziemlich dunkel geworden ist, spannt sie nur notdürftig einige Fäden kreuz und quer am Rande des Lochs, am nächsten Morgen will sie vernünftig weben. Als sie sich bettfertig macht, spürt sie, wie aus dem Hohlraum warme Luft emporsteigt. Die Spinne muss nicht mehr zittern, denkt voller Dankbarkeit an den Brummer, wischt sich die letzten Tränchen weg und schlummert ein.

Ein paar Stunden vergehen, da wird Zoba von einem kräftigen Ruck aus dem Schlaf gerissen. Sie weiß nur, dass etwas Großes  an ihr vorbeigehuscht ist. Die Spinne hängt sich sogleich an das Überbleibsel eines Fadens und kann doch weit und breit keinen Übeltäter sehen. „Vielleicht war es ein Vogel“, denkt sie, beruhigt sich und fängt an, ihr Netz zu flicken und auch auszubauen. Nach und nach wird der Eingang des Lochs so bedeckt. „Was machst du da?“, hört sie plötzlich eine Stimme hinter sich. Zoba dreht sich um, schaut direkt auf ein großes spitzes Näschen. Das Tier mit dem rötlichen Fell, dem bauschigen Schwanz und schwarzen Kugelaugen mustert die Spinne neugierig. „Ich wohne hier, du willst mir doch nicht etwa den Eingang verbauen? Außerdem hält dein Netz mich nicht fest, es wird kaputtgehen, wenn ich reingehe.“ Die Spinne ist vor Angst wie versteinert, sie kennt zwar viele Vögel, Insekten, Schmetterlinge, aber so etwas Pelziges und Hippeliges hat sie bisher in ihrem kurzen Leben noch nie gesehen.

„Ach ja, ich bin Kolja. Kolja, das Eichhörnchen. Und wer bist du?“ „Ich heiße Zoba“, sagt die Spinne kaum hörbar. „Es tut mir leid, ich wusste nicht, dass dieses Loch bewohnt ist – ich suche nur Schutz vor der Kälte.“ „Weißt du was, du kannst schon wohnen bleiben, es soll mir recht sein. Es ist ja auch gut, wenn du ein paar Insekten fängst, bevor sie sich an meine Vorräte heranmachen“, antwortet Kolja. „Auch angenehme Gesellschaft kann ich im Winter gut gebrauchen. Aber mach bitte dein Netz nicht direkt beim Eingang, zumindest nicht tagsüber, damit ich es nicht wieder aus Versehen zerstöre.“

Zoba murmelt noch mal eine Entschuldigung und bewegt sich zum Rande des Eingangs, damit Kolja seine zwei Haselnüsse, die er in den Pfoten hält, in die kleine Höhle tragen kann. Sie hat keine Angst mehr vor ihm und fühlt sich auch schon gar nicht mehr so einsam wie nach dem Abschied vom Brummer. Der Winter kann kommen.