“Psychisch Kranke” – tagesspiegel badet in klischees und “vergisst” gewichtigen teilaspekt

glaubt hier irgendwer, dass GUSTL MOLLATH der einzige hierzulande ist, der – um es mal zu verallgemeinern, weil natuerlich nicht jeder (unrechts)fall so krass und unzweideutig sein duerfte -  aufgrund von voreiligen oder eben gar offenkundi…g gezielten gerichts- und oder behoerden oder gar verwandtenentscheidungen absolut zu unrecht in einer psychiatrie oder in aehnlichen einrichtungen weggesperrt ist?

der berliner tagesspiegel offensichtlich schon. nicht dass wir bei einer lokalen reportage mehr als einen halbsatzverweis auf den aber trotzdem immer noch (im zusammenhang mit nachdruecklicher kritik an einer perversen bank- und vetternwirtschaftsgeschichte) “verwahrten” nuernberger mollath erwartet haetten. aber bei rund 15.000 zeichen haette es zumindest einen absatz geben muessen (!), der zumindest die erwaegung laesst, ob hier wirklich nur menschen sind die der volksmund als geisteskrank bezeichnet.

zwar wird in ein paar saetzen immerhin pro forma angeschnitten, dass – was u.e. aber ohnedies mehr oder minder fuer eigentlich inzwischen alle pflegebereiche hierzulande gilt – aufgrund von marktwirtschaftlichem denken in geschlossenen abteilungen   alles andere als rosiges auf menschen wartet. gar wird explizit erwaehnt, dass vieles “trostlos” sei, oder auch dass speziell pflegeheime generell wohl schlecht oder gar “nicht auf eine Wiedereingliederung der psychisch Kranken ausgerichtet” sind. aber unterm strich bleibt fuer wohl 90% der leser die erkenntnis, dass hier und da – wo menschen abgeschoben oder zwangseingewiesen werden – anders als vor rund 20 jahren (als “in großen Anstalten” “menschenunwürdige Bedingungen” herrschten) es diese gekonnt als arme ver(w)irrte seelen geschilderten zumindest halt irgendwie besser als “draussen” haben.
doch das ist nicht das einzige problem, dass man mit diesem text haben muesste!
statt auch nur halbwegs licht ins dunkel der arbeit(sweise) der sog. steuerungsgremien zu bringen, oder einen teil der “untergebrachten” menschen nicht weitgehend unreflektiert und damit wie selbstversaetndlich als “Systemsprenger” zu verunglimpfen, werden in dieser u.e. ekelerregend bigotten pseuroreportage (die manches schlichte gemuet tatsaechlich noch als lohneswert einstufen wird, weil ja immerhin mal was thematisiert wird) saetze wie folgende platziert:   “So unterschiedlich ihre Schicksale sein mögen, all diese Menschen haben ein Gehirn, das aus den Fugen geraten ist und eine erschütternde Perspektivlosigkeit. In ihren Zimmern spiegelt sich wider, was in ihren Köpfen vorgeht”  und zitate von vermeintlich sehr “engagiert”en mitarbeitern
„Die meisten von ihnen haben keinen Sinn für Schönes, sie merken nicht einmal, wenn wir ihnen zum Geburtstag Blumen hinstellen“, erklärt ein Betreuer. „Keiner von denen lebt im Hier und Jetzt. Wann gibt es Essen, wann Taschengeld, das ist das Einzige, was die noch interessiert.“ Das Personal ist engagiert, „Keiner von denen lebt im Hier und Jetzt. Wann gibt es Essen, wann Taschengeld, das ist das Einzige, was die noch interessiert.“ —
und damit es auch der letzte kapiert, dass (wohl) jeder wirklich weggesperrt gehoert, betont menschelnd formulierte exeplarische personenbeschreibungen von “betagte(n) Prinzessin(nen)”, ‘nem “Kapitän in Uniform …mit schleppenden Schritten” – viele seien hier “nach einer langen Irrfahrt in den Wahnsinn”, so dass man es ihnen auch wenn sie  sogar wenn sie nicht auffallen weil sie “von unkontrollierten Emotionen geschüttelt” werden oder “in einen hysterischen Lachkrampf” verfallen – u.a. wegen ihrer “wirren Locken” —
eine kunst die der tagesspiegel wirklich in fast allen ressorts inzwischen beherrscht: sich formal einem wichtigen thema widmen um die dahinterstehenden probleme noch mehr zu pervertieren.